Das neue Giverny: Poses am linken Seine-Ufer
Die Landschaftsmalerin Michèle Ratel aus Poses ist sich sicher: Heute würde sich Monet hier niederlassen, die Kulisse ist doch viel impressionistischer und weniger überlaufen. Anders als Giverny in der Jetztzeit: In der 500-Einwohner-Gemeinde, 75 Kilometer nordwestlich von Paris gelegen, lebte Monet (1840 bis 1926) über 40 Jahre. Er wirkte und starb dort. Sein ehemaliges Wohnhaus mit dem gepflegten Garten beherbergt ein Museum. Der ganze Ort gleicht einem Freilichtmuseum. Er ist zum Mekka der Impressionisten geworden, oft von Besuchermassen überrannt.
Die Atmosphäre, die Monet so liebte
In Michèle Ratels Garten in Poses aber, da herrscht sie noch, die Atmosphäre, die der stilprägende Maler wohl so liebte, meint die 79-Jährige. Sie deutet auf ihren Ateliergarten am Ufer der Seine. Dort hat sie Seerosen angepflanzt – bestellt bei derselben Gärtnerei, die auch schon ihr großes Vorbild Claude Monet beliefert haben soll. Das Seerosenmotiv bestimmte die letzten Werke des bekannten Malers und ist in Form seiner Gemälde heute Touristenattraktion: Im Pariser Musée de l’Orangerie hängen die großflächigen „Nymphéas“-Werke, auch in Giverny finden sich Seerosen-Exponate.
Radroute La Seine à Vélo
Ob man den Trubel und die Jubiläumsfeiern mag, die zum Jubiläum 150 Jahre Impressionismus in Frankreich steigen, oder das stimmungsvolle Unterwegssein in der Natur: Wer den 2020 eröffneten Radweg La Seine à Vélo nimmt, kann beides haben. Die Radroute startet in Paris und führt über Giverny, Poses und Rouen – noch so eine Hochburg der Impressionisten – auf über 400 Kilometern bis an den Atlantik, wo der Fluss in den Ärmelkanal mündet.
Die Seine vor der Tür
Die französische Hauptstadt ist dabei besonders reich an Abwechslung und Attraktionen. Mittlerweile gibt es auch zweispurige Radwege. In den industriell geprägten Vorstädten gilt das jedoch nicht überall. Wer dem Straßengewirr und Verkehr, den Sirenen und Hupkonzerten ausweichen will, kann ein Stück des Weges mit dem Zug zurücklegen und beispielsweise ab der Station Vernon-Giverny außerhalb von Paris mit der Radtour starten.
Das Mekka der Impressionisten
Rouen, die Hauptstadt der Normandie, ist ein Hotspot des Impressionismus. Auch andere Maler wie Alfred Sisley oder Camille Pissarro haben die Stadt zum Mekka der Impressionisten gemacht. Sie verewigten nicht nur Lichtspiegelungen am Hafen oder hinter Kirchtürmen. Angezogen wurden sich auch vom Geld industrieller Förderer. Stadtführerin Lucie Bienfait berichtet auf ihrem Rundgang durch mittelalterliche Gassen und das Kunstmuseum von Mäzenen aus Textilindustrie und Kohlenhandel.
Die Begegnung zwischen Natur und Industrie
Heute steht die Haute-Normandie vor allem für Getreide und Obst: Der Hafen ist der größte Getreideexporteur Europas, sagt Bienfait. Riesige Silos und ein Duft von Maische begleiten die Weiterfahrt im Fahrradsattel an der Seine. Auch das passt, denn gerade die Begegnung zwischen Natur und Industrie hat den Impressionismus geprägt.
Festival zum 150. Jubiläum des Impressionismus
Vor 150 Jahren, im Frühjahr 1874, stellten Impressionisten in Paris erstmals gemeinsam aus, die bekanntesten Namen unter den Avantgarde-Künstlern: neben Monet auch Renoir, Cézanne und Degas. 2024 ist das große Jubiläum mit Veranstaltungen und Sonderausstellungen über das ganze Jahr verteilt. Auch in der Normandie, wo die Pioniere in der Natur die ersten Pinselstriche wagten, wird gefeiert. Das Festival mit an die 200 Einzelveranstaltungen geht noch bis 22. September.
Für alle, die den Impressionismus feiern möchten!
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