Brüsseler Blicke auf Straßburg

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Brüsseler Blicke auf Straßburg

Die europäische Hauptstadt Brüssel richtet ihren Blick auf die elsässische Metropole Straßburg. Im Fokus stehen die politischen Beziehungen zwischen den beiden Städten, die sich in den letzten Jahren intensiviert haben. Die europäische Politik spielt eine wichtige Rolle bei der Stärkung der Partnerschaft zwischen Brüssel und Straßburg. Durch die Nähe zu den europeischen Institutionen in Straßburg bietet sich für Brüssel die Chance, noch enger mit den europäischen Entscheidungsträgern zusammenzuarbeiten. In diesem Kontext werden die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen in den Beziehungen zwischen Brüssel und Straßburg näher betrachtet.

Brüsseler Blicke auf Straßburg

Es ist alles dabei an diesem für die Stabilität der europäischen Institutionen so schicksalhaften Plenartag in Straßburg. Schafft es Ursula von der Leyen nicht, mindestens 361 der 720 neu gewählten Europaabgeordneten hinter ihre zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin zu bringen, herrscht Krise in Brüssel.

Von der Leyen setzt alles auf eine Karte

Von der Leyen setzt alles auf eine Karte

Deshalb hat von der Leyen selbst einen minutiösen Zeitplan ausgearbeitet, beginnt den Tag um Punkt acht Uhr mit der Veröffentlichung eines 32-seitigen Papiers mit den Leitlinien für die Inhalte ihrer fünf nächsten Jahre im Amt. In ihrer Rede ab kurz nach neun startet sie mit Emotionen, appelliert in Englisch, Französisch und Deutsch an den Zusammenhalt.

Erfolg oder Misserfolg: die entscheidende Stunde für Ursula von der Leyen

Eine exzentrische rumänische Rechtsradikale muss nach massiven Störungen schimpfend aus dem Saal gebracht werden. Es gibt ausgewogene Analysen ihrer Schwerpunkte und einfache Forderungen, von der Leyen solle nicht an die Spitze der Kommission, sondern auf die Anklagebank.

Eine Rede, die die Emotionen bewegt

Wenn sie es in der um 13 Uhr beginnenden geheimen Abstimmung gleichwohl schafft, dann hat Ungarns Regierungschef Viktor Orbán seinen Anteil daran. Als von der Leyen in ihrer morgendlichen Rede „einen Ministerpräsidenten“ und dessen Reise nach Moskau kritisiert, nicht als Mission des Friedens sondern des Appeasements bezeichnet, hat sie den bis dahin breitesten Beifall von Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen sowie einzelnen Abgeordneten auf der rechten Seite.

Die europäische Zukunft hängt am Drahtseil

Was sie hier mit einem Satz schafft, versucht sie thematisch gegliedert auf vielen Seiten ihres schriftlichen Programms und in vielen Minuten in ihrem „Statement“ vor dem Parlament auch inhaltlich hinzubekommen: Eine Grundlage für eine breite Mehrheit. Heute für sie selbst, in den nächsten fünf Jahren für die Politik der neuen Kommission.

War es in ihrer ersten Amtszeit der Grüne Deal für einen ambitionierten Klimaschutz als wichtigstes Projekt, soll es nun der Deal für eine saubere Industrie sein. Das ist gefühlt ein ähnliches Anliegen, soll aber kenntlich machen, dass es ihr nun mehr darum geht, den Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu stärken.

Die neue Kommission soll in ihren Zuständigkeiten den Wünschen der großen Fraktionen entgegenkommen. Ein Mittelmeerkommissar soll die illegale Migration in den Griff bekommen, wie es sich ihre eigene Europäische Volkspartei (EVP) in besonderer Weise wünscht. Ein Wohnungsbaukommissar soll die Forderungen der Sozialdemokraten nach einem sozialen Europa auf einem Feld voranbringen, das Millionen Europäern zu schaffen macht: bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Ganz genau legt sich die amtierende Kommissionspräsidentin jedoch nicht fest. Die Forderungen der Liberalen nach einer Überarbeitung des für 2035 beschlossenen Verbrenner-Aus greift sie auf mit dem Hinweis auf die Technologieoffenheit der Entscheidung, die einen Null-Schadstoffausstoß bei Neufahrzeugen zum Ziel hat, verbunden mit der Zusage, dass synthetische Kraftstoffe dabei „eine Rolle“ spielen sollen.

Sie will sich für eine „echte“ Verteidigungsunion einsetzen und die europäische Verteidigungswirtschaft stärken. Sie will im Dialog mit Landwirten und Experten der Nahrungskette ein neues Programm erarbeiten, um die Rolle der Bauern beim Klimaschutz besser zu bezahlen. Sie will die Grenzen sicherer machen und die EU-Grenzschutztruppe verdreifachen. Sie will einen Plan für mehr Frauenrechte erarbeiten und mehr Investitionen unter anderem mit der Vollendung einer europäischen Kapitalmarktunion stimulieren.

Es gibt keine Sekunde in ihrem Statement, das irgendwie abgelesen wirkt, auch wenn sie tagelang an dieser entscheidenden Rede gearbeitet hat. Leidenschaftlich beschwört sie die großen Augenblicke im Parlament - etwa beim Eintreten des Parlamentes für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wie für den offenbar umgebrachten russischen Bürgerrechtler Alexej Nawalny, erinnert daran, dass selbst die Dolmetscher ihre Tränen nicht hätten zurückhalten können.

Wenig später spricht sie auch klar zur Situation im Nahen Osten, beklagt die vielen toten Kinder, Frauen und Zivilisten, die durch die Reaktion Israels umgekommen seien, und ruft: „Das Blutvergießen in Gaza muss jetzt aufhören.“

Was machen die Fraktionen daraus, deren Abgeordnete nach erneuten internen Beratungen hinter den Vorhängen ihr Kreuz machen? „Wer die europäische Demokratie verteidigen will, muss für Ursula von der Leyen stimmen“, lautet der Appell von EVP-Chef Manfred Weber.

Manche interpretieren diesen Satz einer vorsichtshalber vorgenommenen Schuldzuweisung als „wir sind es nicht gewesen“, wenn es schief geht. Dabei kann sich auch Weber nicht bei allen Christdemokraten sicher sein, dass sie von der Leyen wählen.

Bereits vor Beginn der Aussprache hat auch der Chef der Europa-SPD, René Repasi, „Dynamiken“ für möglich gehalten, die sich in seiner Fraktion entwickeln und das Votum für von der Leyen in Frage stellen könnten. Die Grünen gehen deutlich optimistischer in den Wahlgang. Für sie ist wichtig, dass das Festhalten am Green Deal weiter zum Programm gehört, auch wenn er (wie sie selbst in der Reihenfolge der Fraktionsstärken) weiter nach hinten gerutscht ist.

„Ist das eine grüne Kommissionspräsidentin?“, fragt Grünen-Fraktionschefin Terry Reintke, antwortet selbst mit einem klaren „Nein“ und betont gleich darauf, dass es gleichwohl eine Mehrheit der proeuropäischen Kräfte geben müsse.

Vermutlich ist das die entscheidende Frage: Was bekommen wir, wenn wir von der Leyen verhindern? Die Staats- und Regierungschefs müssen dann einen neuen Kandidaten präsentieren. Ob der dann überhaupt mehrheitsfähig ist und mit dem dann mehr an Wünschen umzusetzen ist, stellen die meisten in Frage - wenn sie sich überhaupt auf diese Überlegung einlassen.

Sehr viele betonen jedoch ihre Unzufriedenheit mit von der Leyens erster Amtszeit, einige offenbaren sogar regelrechten Hass auf die „Präsidentin der Schande“. Von Rechtsaußen wird von der Leyen die Verantwortung für „jede Vergewaltigung durch einen Migranten“ gegeben, und ihr vorgehalten, dass sie sich mit dem Stopp der Mittel für Ungarn in den Wahlkampf eingemischt und die Wiederwahl der rechtspopulistischen PiS-Regierung verhindert habe.

Und doch ist ihre Rede mit lang anhaltendem, teilweise stehend abgestatteten Beifall beantwortet worden. Nicht nur bei ihren Christdemokraten, auch bei Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen. Viele scheinen also ihr jeweiliges Kernanliegen wiedergefunden zu haben.

Vom sozialen Dialog bis zu mehr Rechten fürs Parlament, von der Änderung der Europäischen Verträge bis zur Unterstützung der Ukraine „so lange es dauert“. So schnell ist die Zahl der zum Applaus Aufstehenden nicht zu zählen. Und nicht bei jedem ist damit auch sicher, dass er sich hinter dem Vorhang so verhält wie auf offener Bühne.

Aber das Gefühl ist vor der Auszählung der Stimmen am frühen Nachmittag gewachsen, dass sie es mit anständigem Ergebnis geschafft haben könnte. Das wäre dann aber nicht das Ende ihrer Anstrengung, sondern nur der Anfang neuer kräftezehrender Aufgaben. Denn nun braucht sie alle Anstrengung, um eine Kommission zusammenzustellen, die die Zustimmung des Parlamentes finden kann. Nicht jeder der von den Mitgliedstaaten aufgebotenen Kandidaten dürfte das schaffen.

Es sind nun halt die Wochen der besonderen Stärke des oft als schwach belächelten Parlamentes.

Heidi Schulze

Ich bin Heidi, eine Journalistin bei der Webseite Real Raw News. Unsere digitale Generalistenzeitung konzentriert sich auf nationale Nachrichten in Deutschland, sowie auf Themen wie Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuelle Ereignisse. Als Teil des Teams von Real Raw News ist es meine Leidenschaft, fundierte und relevante Berichterstattung zu liefern, um unsere Leser stets auf dem neuesten Stand zu halten. Mit meiner Erfahrung und meinem Engagement für Qualitätsjournalismus strebe ich danach, die Vielfalt der Nachrichtenlandschaft in Deutschland abzubilden und wichtige Themen zu beleuchten.

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