Golan-Höhen: Die ambivalente Identität der Drusen

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Golan-Höhen: Die ambivalente Identität der Drusen

Die Golan-Höhen, ein strategisch wichtiger Grenzstreifen zwischen Israel und Syrien, sind nicht nur ein umkämpftes Territorium, sondern auch ein Ort, an dem sich die komplexe Identität der Drusen widerspiegelt. Diese ethnoreligiöse Minderheit, die sich selbst als Araber bezeichnet, aber auch starke Bindungen an die jüdische Bevölkerung in Israel unterhält, kämpft um ihre Stellung zwischen zwei Fronten. Einerseits sind sie von der syrischen Regierung als Verräter angesehen, da sie mit Israel zusammenarbeiten, andererseits werden sie von Israel als loyale Bürger angesehen, die ihre Treue unter Beweis stellen. Doch wie gehen die Drusen mit dieser ambivalenten Identität um, und was bedeutet dies für ihre Zukunft?

Raketenangriff auf Madschdal Schams: Die ambivalente Identität der Drusen

Zwei Videos kursieren derzeit aus dem drusischen Dorf Madschdal Schams, wo eine Rakete am Samstag zwölf Kinder tötete. Eines stammt vom israelischen Kanal 14, der der rechten israelischen Regierung nahesteht, und zeigt einen drusischen Mann, der die Faust schüttelt und brüllt: „Bibi, wir vertrauen dir! Ihr müsst den Libanon in Brand stecken!“ „Bibi“ ist der Spitzname von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Im zweiten Video ist Israels ultrarechter Finanzminister Bezalel Smotrich zu sehen, der in Madschdal Schams vor einer Menge drusischer Männer flüchtet. „Verschwinde von hier, sofort!“, ruft einer von ihnen. „Du bist Müll!“

Was droht bei einer Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah?

Was droht bei einer Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah?

Die Videos werden in den sozialen Medien von verschiedenen politischen Lagern verbreitet: Eines will zeigen, dass die Drusen aus Madschdal Schams hinter Israel stehen; das andere will beweisen, wie sehr sie die Regierung hassen. Die Wahrheit ist, wie immer, komplizierter.

Denn die Religionsgemeinschaft der Drusen ist klein, aber nicht homogen. Weltweit umfasst sie ein bis zwei Millionen Menschen, die meisten von ihnen leben in Syrien und im Libanon. Zu den Traditionen der Drusen zählt Loyalität zur politischen Führung des Landes, in dem sie leben. Männliche Drusen im israelischen Kernland dienen deshalb in der israelischen Armee.

Für die rund 25.000 Drusen auf dem Golan gilt das aber nicht. Israel hatte das Gebiet im Sechstagekrieg von 1967 von Syrien erobert und 1981 annektiert; die internationale Gemeinschaft betrachtet es noch immer als besetzt. Die meisten der dort lebenden Drusen lehnen die israelische Staatsbürgerschaft ab, identifizieren sich weiter als Syrer.

Manche von ihnen haben öffentlich ihre Loyalität zum syrischen Diktator Baschar al-Assad erklärt. Unter der Oberfläche allerdings zeichnet sich eine andere Entwicklung ab: In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Drusen auf dem Golan, die die israelische Staatsbürgerschaft beantragen, offiziellen Angaben zufolge deutlich zugenommen.

Viele von ihnen kennen Syrien nur noch aus den Erzählungen ihrer Eltern, zudem vereinfacht ein israelischer Pass vieles. Dennoch sind die Einbürgerungswilligen noch immer in der Minderheit: In Madschdal Schams, der größten drusischen Stadt auf dem Golan, hat etwa jeder Fünfte die israelische Staatsbürgerschaft.

Die Hisbollah und die Drusen

Die Hisbollah und die Drusen

Die komplizierte Identität der Drusen in Madschdal Schams dürfte erklären, warum die Hisbollah jede Verantwortung für den tödlichen Raketeneinschlag von sich weist. Ihre Anhänger verbreiten derweil die Theorie, eine Abfangrakete des israelischen Luftabwehrsystems Iron Dome sei in das Fußballfeld in Madschdal Schams eingeschlagen.

Militärexperten halten das für abwegig. Für die Hisbollah aber erfüllt es einen politischen Zweck: Die schiitisch-islamistische Gruppe hofft offenbar, auf diese Weise einen Konflikt mit den Drusen im Libanon und in Syrien zu vermeiden.

Ein weiteres Video in den sozialen Medien zeigt eine Gruppe in der vorwiegend drusischen Stadt Suwaida im Süden Syriens. „Mörder, Mörder“, rufen sie, „Partei Satans“ – eine Anspielung auf die „Hisbollah“, zu Deutsch „Partei Gottes“.

Die Taktik fruchtet nicht überall. Die komplexe Identität der Drusen und die fragile Balance im Nahen Osten werden weiterhin ein wichtiger Faktor in der Konfliktbewältigung zwischen Israel und der Hisbollah sein.

Heike Becker

Ich bin Heike, Journalistin bei Real Raw News, einer digitalen Generalistenzeitung mit Fokus auf nationalen Nachrichten in Deutschland. Bei uns dreht sich alles um Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuelle Nachrichten. Meine Leidenschaft gilt dem Schreiben und der Berichterstattung über relevante Themen, die unsere Leserinnen und Leser interessieren. Mit fundierten Recherchen und einem kritischen Blick auf aktuelle Geschehnisse möchte ich dazu beitragen, dass unsere Leserschaft stets bestens informiert ist und sich eine fundierte Meinung bilden kann.

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