Am heutigen Tag findet die Konstituierende Sitzung des Thüringer Landtags statt, nachdem die Landtagswahl am 27. Oktober 2019 die Zusammensetzung des Parlaments neu bestimmte. In dieser Sitzung werden die Abgeordneten des 7. Thüringer Landtags offiziell vereidigt und das Präsidium des Landtags gewählt. Doch die Frage aller Fragen lautet: Wer wird der neue Landtagspräsident? Werden die Koalitionsverhandlungen zwischen den Parteien zu einer Übereinkunft führen oder wird es zu einer Überraschung kommen? In den nächsten Stunden werden die Weichen gestellt, die die Zukunft der Thüringer Politik maßgeblich beeinflussen werden.
Der Thüringer Landtag trifft sich am Donnerstag, 26. September, knapp vier Wochen nach der Wahl zu seiner ersten Sitzung – und gibt einen Vorgeschmack darauf, wie vertrackt und explosiv die politische Lage in dem kleinen Freistaat ist.
AfD kann sich Kompromiss bei Präsidentenwahl vorstellen, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Torben Braga. Es geht um die konstituierende Sitzung des Parlaments, zu der stets auch die Wahl einer Landtagspräsidentin oder eines Landtagspräsidenten gehört.
Angesagt ist jedoch ein erstes Kräftemessen zwischen der AfD, die erstmals in einem deutschen Landesparlament die stärkste Fraktion stellt, sowie CDU, BSW, Linke und SPD auf der anderen Seite. Von möglichen Tricksereien, unsicheren Kantonisten und dem Gang zum Verfassungsgericht ist schon vor Sitzungsbeginn die Rede.
Die AfD hat als stärkste Kraft mit 32 von 88 Abgeordneten das Vorschlagsrecht für das zweithöchste Staatsamt. Die anderen vier Fraktionen wollen aber keinen Kandidaten einer Partei an die Spitze des Parlaments wählen, die vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet wird.
Die AfD-Fraktion hat ihre Abgeordnete Wiebke Muhsal als Kandidatin nominiert. Die 38-Jährige wurde vor Jahren wegen Betrugs zu einer Geldstrafe verurteilt. Thüringens BSW-Fraktionschefin Katja Wolf nannte den Vorschlag eine „Provokation“.
Die CDU schickt Thadäus König quasi als Konsenskandidaten in die Wahl. Der 42-Jährige hatte bei der Landtagswahl das landesweit beste Erststimmenergebnis. Vertreter von BSW, SPD und Linke signalisierten, dass sie König als einen guten Bewerber für die Landtagsspitze ansehen.
Die AfD hält das geplante Vorgehen für rechtswidrig. „Diese Meinung hat die AfD exklusiv“, sagt CDU-Fraktionschef Mario Voigt. Die CDU und BSW wollen die Geschäftsordnung auf den letzten Drücker ändern und einen Passus aus der Thüringer Verfassung aufnehmen. Danach sollen Kandidaten aus der Mitte des Parlaments kommen - alle Fraktionen hätten dann ein Vorschlagsrecht. Auch SPD und Linke unterstützen das.
„Es gibt Möglichkeiten, Kompromisse zu treffen“, sagte Braga vor der entscheidenden Landtagssitzung. Ob die Landtagssitzung aber auch ohne längere Unterbrechung und mit einer Wahl ausgeht, bleibt abzuwarten.
In Thüringen erinnern sich viele noch an die Ministerpräsidentenwahl 2020, als die AfD einen Scheinkandidaten aufstellte, den sie nicht wählte, sondern stattdessen dabei half, den FDP-Politiker Thomas Kemmerich in das Amt zu hieven. Nun geht es um das Amt des Landtagspräsidenten.
Der Jenaer Politikwissenschaftler Torsten Oppelland beschreibt es so: Die AfD habe ein Vorschlagsrecht, aber kein Recht auf ein bestimmtes Amt - „dafür muss sie Mehrheiten bekommen“. Aus seiner Sicht wäre es aber eleganter gewesen, die Geschäftsordnung des Landtags schon vor Monaten zu ändern.
Es gibt aber noch viele andere Unwägbarkeiten - etwa wenn Alterspräsident Jürgen Treutler einfach den Plenarsaal verlassen und damit für eine Unterbrechung der Sitzung sorgen. Dann wäre womöglich der zweitälteste Abgeordnete an der Reihe - aus dem Kreis der parlamentarischen Geschäftsführer hieß es, dass das ebenfalls ein AfD-Abgeordneter wäre.
Es bleibt abzuwarten, wie die Landtagssitzung verlaufen wird und wer am Ende den Posten des Landtagspräsidenten erhält.
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