In Neuss erreicht der Rettungsdienst seine Grenzen

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In Neuss erreicht der Rettungsdienst seine Grenzen

Die Krise im Rettungsdienst in Neuss erreicht neue Dimensionen. Die Überlastung der Rettungswagen und die chronische Personalknappheit führen zu langen Wartezeiten für Patienten und zu einer gefährlichen Überbeanspruchung des Personals. Die Situation ist so prekär, dass die Einsatzfähigkeit des Rettungsdienstes in Frage gestellt wird. Der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern und die unzureichenden Kapazitäten der Rettungswagen führen zu einer unzumutbaren Belastung für die Angehörigen des Rettungsdienstes. Die Stadt Neuss steht vor einer großen Herausforderung, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten und den Rettungsdienst wieder auf einen sicheren Fahrweg zu bringen.

Rettungsdienst in Neuss erreicht seine Grenzen

Das System der Notfallversorgung bewegt sich durch chronische Überlastung auf einen Kipppunkt zu. So beginnt ein Positionspapier der Johanniter in NRW zum Rettungsdienst. Dort wächst die Sorge, dass die Qualität in diesem sensiblen Bereich abnehmen könnte.

Die Einsatzzahlen steigen, die Belastung der Mitarbeiter wächst, der Fachkräftemangel macht Stellenbesetzungen schwierig. Trifft die Beschreibung für NRW auch vor Ort zu?

Steigende Einsatzzahlen

Steigende Einsatzzahlen

Die Zahl der Anrufe hat auch im Rhein-Kreis Neuss in den vergangenen Jahren jährlich um 10 bis 15 Prozent zugenommen, so ein Sprecher des Kreises. Die Zahl lasse sich weder mit einem entsprechenden Bevölkerungswachstum noch mit einer sich ändernden Gesundheit der Bevölkerung begründen.

Es gebe natürlich immer wieder einzelne exotische oder auch skurrile Anrufe, etwa wenn ein Anrufer sich sorgt, dass eine Krähe eine Taube attackiert oder jemand wissen möchte, wer neuer Schützenkönig in Neuss geworden ist.

Info: Die Einsatzzahlen steigen von Jahr zu Jahr

Anrufer: Die Zahl der über die Notrufnummer 112 eingegangenen Anrufe hat sich in den vergangenen fünf Jahren wie folgt entwickelt:

2023: 116 352

2022: 107 345

2021: 96 611

2020: 95 141

2019: 88 690

Fahrzeuge und Personal

Fahrzeuge und Personal

Gemäß dem Rettungsdienstbedarfsplan für den Rhein-Kreis Neuss werden 17 RTW und 9 KTW vorgehalten. Seit April 2023 ist – ebenfalls gemäß Rettungsdienstbedarfsplan – ein Notfall-KTW hinzu gekommen.

Leitstelle: Die Disposition der Kreisleitstelle umfasst 6 Kräfte im Führungs- und Lagedienst und zusätzlich über 31 Stellen in der Disposition. Hierin enthalten sind 6 Stellen, die im Frühjahr zur Verstärkung der Disposition aufgestockt wurden. Das Personal für diese Stellen ist gefunden und wird in den nächsten Monaten das Team der Leitstelle verstärken.

Pro Schicht sind 7 Kräfte (davon 1 Kraft Führungs- und Lagedienst) geplant.

Probleme in der Leitstelle

Auch in der Neusser Leitstelle bereiten Anrufe, bei denen Anrufer einen Bedarf nach medizinischer Hilfeleistung äußern, zunehmend Probleme. „Der Disponent muss dann in jedem Einzelfall abwägen, ob das Entsenden eines Rettungsmittels erforderlich ist oder nicht. In Fällen, in denen nicht unmittelbar klar ist, dass ein Notfall vorliegt, ergeben sich hieraus oft längere Diskussionen.

Viele solcher Anrufer wissen jedoch inzwischen, dass sie bestimmte Stichworte sagen müssen, die dem Disponenten keine Handlungsoptionen mehr lassen. Wird zum Beispiel während eines Notrufes durch den Anrufer geäußert, dass er Atemnot habe, muss ein Rettungsmittel entsandt werden. In Zweifelsfällen wird aus Vorsichtsgründen immer ein Rettungsmittel entsandt“, so die Stellungnahme aus dem Kreishaus.

Kipppunkt erreicht

Derzeit wird das Personal der Kreisleitstelle aufgestockt. Damit reagiert der Kreis auf den stetigen Anstieg der Anruf- und Einsatzzahlen, die auch nach Abklingen der Corona-Pandemie nicht wesentlich nachgelassen haben.

In der Leitstelle wird entschieden, ob ein Rettungswagen oder der Notarzt kommt. Doch der Notruf 112 ist zunehmend mit Bagatellfällen konfrontiert. Eine Statistik dazu gibt es aber nicht.

Was dem Menschen wirklich fehle und ob dann eine Mitnahme ins Krankenhaus auch tatsächlich erforderlich sei, könne letztlich nur der Rettungsdienst vor Ort entscheiden, der den Patienten sichtet und medizinisch relevante Parameter erhebt.

Die Erfahrung in der Kreisleitstelle habe gezeigt, dass in den letzten Jahren die Zahl von Anrufen angestiegen ist, bei denen nach Erkenntnissen des Rettungsdienstes Menschen versuchen, durch die Inanspruchnahme des Rettungsdienstes in der Notaufnahme des Krankenhauses schneller behandelt zu werden. Dieses Verhalten belaste das System des Rettungsdienstes und gefährde Menschen, die wirklich einen medizinischen Notfall oder einen Unfall haben.

„Eine weitere Steigerung der Einsätze hätte kaum spürbare Auswirkungen, da die Einsatzkräfte bereits vollständig ausgelastet sind“, berichtet Heiko Kraus, Wachleiter der Lehrrettungswache in Neuss. Problematisch bleibe allerdings der Anstieg unnötiger und nicht-indizierter Einsätze.

„Solche Einsätze binden wertvolle Ressourcen und beeinträchtigen die Effizienz des Rettungsdienstes“, so Kraus.

Auch Saskia Matheisen vom DRK-Kreisverband findet diese Praxis frustrierend: „Wir sind doch kein Taxiunternehmen.“

Alarmierungen erfolgten, so berichten es alle Befragten, immer häufiger aufgrund von leichten Erkrankungen, für die andere Notfalldienste besser geeignet sind. Doch die kassenärztliche Notfall-Telefonnummer 116117 für schnelle ambulante ärztliche Hilfe ist viel zu wenig bekannt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Notaufnahmen der Krankenhäuser entlasten. Angedacht ist eine Vernetzung oder eine Zusammenlegung beider Notrufnummern. Eine Einigung ist noch nicht in Sicht.

Heike Becker

Ich bin Heike, Journalistin bei Real Raw News, einer digitalen Generalistenzeitung mit Fokus auf nationalen Nachrichten in Deutschland. Bei uns dreht sich alles um Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuelle Nachrichten. Meine Leidenschaft gilt dem Schreiben und der Berichterstattung über relevante Themen, die unsere Leserinnen und Leser interessieren. Mit fundierten Recherchen und einem kritischen Blick auf aktuelle Geschehnisse möchte ich dazu beitragen, dass unsere Leserschaft stets bestens informiert ist und sich eine fundierte Meinung bilden kann.

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