ARD, ZDF und Co.: Der radikalste Umstrukturierungsprozess der Geschichte

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ARD, ZDF und Co.: Der radikalste Umstrukturierungsprozess der Geschichte

Die deutsche Medienlandschaft steht vor einem epochalen Umbruch. Die öffentlich-rechtlichen Sender wie ARD und ZDF, aber auch private Anbieter wie RTL und ProSiebenSat.1, müssen sich auf einen radikalen Wandel einstellen. Der digitale Wandel und die sich ändernden Nutzungsgewohnheiten der Zuschauer zwingen die Sender zu einer grundlegenden Umstrukturierung. Dieser Prozess wird weitreichende Folgen für die gesamte Medienbranche haben und wird die Art und Weise, wie wir Fernsehen konsumieren, nachhaltig verändern.

Rundfunkkrise: Die größte Umstrukturierung in der Geschichte des Öffentlich-Rechtlichen

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk durchlebt gegenwärtig das radikalste Umbauprogramm seiner Geschichte. Rundfunkkommission der Länder, Zukunftsrat, Geschäftsberichte von ARD, ZDF und Deutschlandradio, die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (Kef) analysieren in detaillierten Reports, Studien und Papieren die Aufstellung der Sender, ihre Finanzierung und die Kosten des Programms.

ARD, ZDF und Co: Der radikalste Umstrukturierungsprozess der Geschichte

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Zugleich beschäftigen die einzelnen Rundfunkanstalten ganze Heere von Unternehmensberatern, Coaches und Psychologen, die daran arbeiten, die Effizienz und Qualität der Sender zu verbessern und sie zu einem attraktiven Arbeitgeber zu machen. Erst vor wenigen Tagen hat die Rundfunkkommission der Länder den Entwurf eines neuen Staatsvertrags vorgelegt, über den die Ministerpräsidenten und -präsidentinnen Ende Oktober abstimmen sollen.

Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk auf dem Prüfstand: Eine Revolution angesagt

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Er sieht eine schlankere Organisation und eine Reduzierung der öffentlich-rechtlichen Hörfunksender von gegenwärtig 74 auf 53 Wellen vor. Zugleich will er die TV-Kanäle für Live-Berichterstattung, Kultur und Heranwachsende von aktuell neun auf nur noch drei verringern. Davon betroffen sind so bekannte Sender wie Arte, 3Sat, Kika oder Phoenix.

Das Senderangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten soll stark ausgedünnt werden, Synergien sollen entstehen, Doppelsendungen vermieden werden. Zugleich wollen ARD, ZDF und Deutschlandradio, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tragen und jährlich knapp neun Milliarden Euro an Rundfunkbeiträgen kassieren, ihre Produktions- und Personalkosten senken.

Dazu sollen zentrale Kompetenzcenter für die überregionale Berichterstattung bei den Themen Gesundheit, Klima oder Verbraucher entstehen. ARD und ZDF wollen ihre Mediatheken zusammenlegen, die Intendanten- und sonstigen Führungsgehälter deckeln sowie Personal in nennenswertem Umfang einsparen.

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Kein Zweifel: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk durchlebt gegenwärtig das radikalste Umbauprogramm seiner Geschichte. Nötig geworden ist das durch den Unwillen etlicher Bundesländer, den Rundfunkbeitrag auch nur um einen Cent zu erhöhen.

Aber auch die scharfe Kritik vonseiten der Politik, besonders bei FDP und Union, bis hin zu den Anfeindungen der rechtspopulistischen AfD, die den durch Pflichtbeiträge finanzierten Rundfunk abschaffen will, hat den Druck massiv erhöht. Der Rechtsaußenpartei geht es freilich nicht um eine Reform, ihr passt der kritische Journalismus der öffentlich-rechtlichen Medien nicht.

Gleichwohl gilt: Die von allen Seiten angegriffenen Sender kämpfen um ihr Überleben. Und nur ein rigider Sparkurs, eine nutzerfreundliche Programmreform und die Beseitigung des bürokratischen Wasserkopfs in vielen Sendeanstalten können ARD und ZDF noch retten.

Das ist alles bitter nötig, auch wenn man manchmal das Gefühl hat, die Verantwortlichen gehen mit der Brechstange an die Arbeit.

Die geplante Zusammenlegung des deutsch-französischen Kultursenders Arte mit dem Spartenprogramm von 3Sat hat unter Künstlern und Autoren viel Kritik hervorgerufen. Auch Literatursendungen stehen auf der Streichliste vieler öffentlicher Rundfunkmanager ganz oben.

Vor Kurzem hat der SWR eine Büchersendung aus seinem Programm verbannt. Andere Sender könnten nachziehen, wenn es darum geht, die Angebote zu entschlacken.

Dass die altehrwürdige Regionalsendung „Drehscheibe“ der Programmrevision zum Opfer fällt, ist sicherlich berechtigt, da sie zuletzt nur noch von Nostalgikern geschaut wurde.

Die Kultsendung „NDR Sportclub“ am Sonntagabend hatte mehr Anhänger, auch sie muss aber 2025 weichen, wie der Sender jüngst mitteilte. Dabei hatte sie zuletzt mehr als 100.000 Zuschauer.

Hier gaben so bekannte Sportmoderatoren wie Reinhold Beckmann, Jörg Wontorra oder Alexander Bommes ihr Debüt.

Doch irgendwo muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit dem Sparen beginnen. Jede Sendung, jeder Kanal, jede Sparte hat ihre feste Anhängerschaft. Auf sie darf die Führung der Sender nicht immer hören.

Gleichwohl muss das Verhältnis stimmen. Es dürfen auf der einen Seite nicht die Millionen für Übertragungsrechte im Fußball ungehemmt fließen, wenn Sendungen über die gesellschaftliche Bedeutung des Sports gestrichen werden.

Ersteres können die privaten Anbieter genauso gut, Zweiteres gehört zum Programmauftrag der Öffentlich-Rechtlichen.

Auch die gern als „Lagerfeuer“ apostrophierten Showsendungen dürfen kein Tabu sein, zumal sie mit 6800 Euro pro Sendeminute eher zu den teureren Produktionen zählen.

Es ist nicht die Pflicht von ARD, ZDF und Co., den Eurovision Song Contest zu übertragen. Auch Spielshows wie „Groß gegen Klein“ oder Musik-Events mit Florian Silbereisen sind kein unverzichtbarer Teil des Programmauftrags.

Richtig ist: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist auch in der Unterhaltung tätig, weil sie die Menschen in andere Sendungen ziehen kann und das Image verstärkt.

Aber ARD und ZDF sollten keinesfalls mit den Spaßsendern RTL oder ProSiebenSat1 mithalten.

Wenn die mehr für ihre Moderatoren und das Outfit der Studios zahlen, sollte man ihnen den Vortritt lassen. Oder andere Formate erfinden.

Interessant ist, dass gerade die für öffentlich-rechtliche Unterhaltung stehenden Kultkrimi-Reihen wie „Tatort“ oder Realserien wie „Tiere bis unters Dach“ beim finanziellen Aufwand ganz oben stehen.

Eine „Tatort“-Minute kostet laut ARD-Geschäftsbericht 21.500 Euro, der Minutenpreis für eine Realserie liegt bei stattlichen 12.200 Euro.

Die fast halbamtliche Tagesschau, die im Jahr 9,5 Milliarden Mal geschaut wird und somit die beliebteste Nachrichtensendung des deutschen Fernsehens ist, wird pro Minute mit 2011 Euro berechnet.

Politische Magazine fallen mit 1920 Euro noch preiswerter aus. Am günstigsten sind Religionssendungen, die auf 1420 Euro pro Minute kommen.

Und die versprechen immerhin das Himmelreich, wenn man daran glaubt.

Der Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist berechtigt. Auch Prestigeobjekte, deren Baukosten derzeit kaum zu kalkulieren sind, sollten besser unterbleiben.

Hier dürfen die Verantwortlichen sich nicht ein Denkmal setzen, wenn der Nutzen unklar ist.

Schließlich müssen die Manager und Managerinnen wie gerade die neu gewählte WDR-Intendantin Katrin Vernau, von Herkunft Schwäbin und von Beruf Betriebswirtin, ihre Verwaltungen und Redaktionen neu aufstellen.

Dabei können sie viel von den Privaten lernen, von kostengünstigen Dreh-Teams bis zu schlanken Betriebs- und Redaktionsabläufen.

Hier ist eine Revolution angesagt. Wenn die nicht gelingt, nützt auch die neue Offenheit nur wenig.

Dann könnten die renitenten Länderchefs und -chefinnen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk langsam den Hahn zudrehen. Auch zum Schaden unserer Demokratie.

Heidi Schulze

Ich bin Heidi, eine Journalistin bei der Webseite Real Raw News. Unsere digitale Generalistenzeitung konzentriert sich auf nationale Nachrichten in Deutschland, sowie auf Themen wie Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuelle Ereignisse. Als Teil des Teams von Real Raw News ist es meine Leidenschaft, fundierte und relevante Berichterstattung zu liefern, um unsere Leser stets auf dem neuesten Stand zu halten. Mit meiner Erfahrung und meinem Engagement für Qualitätsjournalismus strebe ich danach, die Vielfalt der Nachrichtenlandschaft in Deutschland abzubilden und wichtige Themen zu beleuchten.

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