Calw: Hermann Hesse auf der Fährte

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Calw: Hermann Hesse auf der Fährte

Die Stadt Calw im Schwarzwald ist bekannt für ihre reiche Geschichte und Kultur. Nun zieht sie wieder die Aufmerksamkeit auf sich, denn eine spannende Entdeckung hat die Gemüter erhitzt. Ein forschungsteam hat kürzlich Beweise gefunden, die darauf hindeuten, dass der berühmte Schriftsteller Hermann Hesse enger mit der Stadt verbunden war, als bisher angenommen. Die Suche nach Hinweisen auf die Spuren des Literatur-Nobelpreisträgers hat zu überraschenden Erkenntnissen geführt, die nun im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.

Hermann Hesse auf der Fährte

„…hinter ihm sitzt eine Welt und liest“, schrieb Kurt Tucholsky über Hermann Hesse. Doch lange Zeit wusste die Leserschar in Calw wenig mit dem meistgelesenen deutschsprachigen Autor des 20. Jahrhunderts anzufangen.

Hermann Hesse entdeckt Calw

Hermann Hesse entdeckt Calw

Die Heimatstadt des Schriftstellers auf den Spuren seiner Kindheit. 1877 kommt Hesse in der kleinbürgerlichen Enge des Städtchens in Baden-Württemberg zur Welt. Everybodys Darling ist der Sohn eines Missionars, aber nie dem Wunsch des Vaters entsprochen, Kaufmann oder Handwerker zu werden.

Stattdessen versucht der Querdenker, der geistigen Enge seiner Heimat zu entkommen. Eine Annäherung findet erst statt, als der Dichter den Nobelpreis für Literatur erhält und die Stadt ihn 1947 zum Ehrenbürger ernennt.

Calw, die Stadt des Enfants terrible

Calw, die Stadt des Enfants terrible

Wie Hermann Hesse seine Heimatstadt erlebte. War Hesses 100. Geburtstag nicht viel mehr als eine Randnotiz in der lokalen Geschichtsschreibung, lenkt nun der Schwabe aus dem „Club der toten Dichter“ touristische Aufmerksamkeit auf die winkelige „Hesse-Stadt“, die mit seinem Charme Schwarzwaldurlauber und Literaturscouts zum Hesse-Walk – und ganz im Sinne des Dichters – zum Müßiggang einlädt.

Den 125. Geburtstag seines Rebellen feierte Calw mit einem neun Wochen dauernden Festival. „Wir haben Hermann Hesse gegenüber eine Schuld abzutragen“, räumte Calws Oberbürgermeister damals ein – wohlwissend um die Werbe-Qualitäten des Nobelpreisträgers als Global Player im kulturellen Bereich.

Auf den Spuren des Dichters

Calw feiert den Geburtstag von Hermann Hesse. Wurde dieser von amerikanischen Hippies als begleitender Literaturpartner für Drogenexzesse vereinnahmt, war Hesse für Jugendliche im deutschsprachigen Raum eher Seelencoach und eine Art tröstender Roy Black („Frag nur Dein Herz“).

„Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten…“ schreibt der Dichter in seinem Gedicht „Stufen“. Besucher dürfen diese lyrische Aufforderung auch auf die Kleinstadt am Fluss beziehen, denn: Mit oder ohne literarische Spurensuche, das jahrhundertealte Städtchen hat Charme und Flair.

Prosaischer ist es freilich, den Pfaden des jungen Hessen zu folgen. Die ganze Welt des Dichters öffnet sich im Hesse-Museum. Etwas Puppiges, fast Rührendes haftet den Ausstellungsräumen an.

Auf knarrenden, quietschenden Holzdielen führt der Weg durch Zimmer und Stübchen zu Glasvitrinen, Büchern, Fotografien, Schautafeln und alten Schreibgeräten. Keine flimmernden Multimediapakete, kein computergesteuerter Schnickschnack.

InfoCalw-Führungen

Führungen „Auf den Spuren von Hermann Hesse“ finden ab Juli bis 25. Oktober sonntags ab 14.30 Uhr statt. Treffpunkt Rathaus. Pro Person acht Euro.

Übernachtung

Zum Beispiel im zentralen Hotel Restaurant Rössle, Hermann-Hesse-Platz 2, 75365 Calw. www.roessle-calw.de

Hermann Hesse Museum

Öffnungszeiten bis Oktober dienstags bis sonntags 11 bis 17 Uhr.

Literatur

Das aktuell überarbeitete Buch „Auf den Spuren von Hermann Hesse“ von Herbert Schnierle-Lutz ist eine übersichtliche Biografie und Reiseführer zugleich. Das Buch führt Leser durch Calw und andere Orte, die in Leben und Werk Hesses wichtig waren: Insel-Taschenbuch, 18 Euro.

Wem hier der Sinn nach einem „erlebnisorientierten“ Literatur-Walk steht, muss zur Spurensuche hinaus vor die Tür. Am Marktplatz 6 zeigt der Stadtführer auf zwei Wandtafeln. In der Wohnung im zweiten Stock kam das Hermännchen zur Welt. „Ein sehr großes, schweres, schönes Kind“, soll die Mutter in ihr Tagebuch notiert haben.

Hermann-Hesse-Statue an der Nikolausbrücke Foto: Manfred Lädtke/Manfred Lädkte

Samstagvormittag in Calw. Von den Blumenständen sind es nur wenige Schritte zum Stadtwald, der den Marktplatz mit dem Schwarzwald verbindet. Bewaldete Höhen mit Wanderwegen sind die Kulisse für das auf kleine Hügel gebaute Städtchen.

In Hesses Geburtshaus wird heute Mode verkauft. Weder die Stadt noch Hesse selbst hatten Interesse, dort ein Museum einzurichten. Den Bewohnern Calws und der Enge des frömmlerischen Pietismus kehrte Hesse lieber den Rücken zu.

Als er 1931 im Alter von 54 Jahren zur Silberhochzeit seiner Schwester das letzte Mal seine Stadt besuchte, bittet er den Wirt: „Halten Sie mir die Calwer vom Leib.“ Solche Gemütsäußerungen hindern ihn aber nicht, seine Geburtsstadt zu verklären.

In der Erzählung „Erlebnis in der Knabenzeit“ notiert er: „…Noch immer ist die Vaterstadt für mich…Vorbild und Urbild aller Menschenheimaten und Menschengeschicke.“

Seinen Namen am Gymnasium auf dem Schießberg 9 konnte der Literat nicht mehr lesen. Erst fünf Jahre nach seinem Tod einigt sich die Stadt darauf, die Lehranstalt nach ihrem großen Sohn zu benennen.

„Sei Du selbst. Fange bei Dir an. Vertrauen wir nicht auf Regierungen und Systeme“, sind Weisungen, die nicht in das Weltbild der auf Gehorsam und Tradition bedachten Kleinbürger passten.

Es ist spannend, über unzählige Steintreppen durch die engen Straßen der alten Gerber- und Flößerstadt zu wandern und Calw mit den Augen von Hermann Hesse zu sehen. Als sich die Sonne früh hinter den Wipfeln versteckt, beendet der Hesse-Experte den Ausflug in die Vergangenheit.

Auf der Nikolausbrücke, lenkt er die Blicke hinunter auf einen kleinen, jetzt unscheinbaren Platz. „Das ist mir der liebste im Städtchen. Der Domplatz von Florenz ist mir nichts dagegen“, hat Hermann Hesse der Brücke, der Nagold und ihrem Ufer ein literarisches Denkmal gesetzt.

Als gern fotografierte Statue ist der literarische Rebell – spät – an seinen Lieblingsort auf die Nikolausbrücke zurückgekehrt.

Heike Becker

Ich bin Heike, Journalistin bei Real Raw News, einer digitalen Generalistenzeitung mit Fokus auf nationalen Nachrichten in Deutschland. Bei uns dreht sich alles um Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuelle Nachrichten. Meine Leidenschaft gilt dem Schreiben und der Berichterstattung über relevante Themen, die unsere Leserinnen und Leser interessieren. Mit fundierten Recherchen und einem kritischen Blick auf aktuelle Geschehnisse möchte ich dazu beitragen, dass unsere Leserschaft stets bestens informiert ist und sich eine fundierte Meinung bilden kann.

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