Commerzbank: Warum der Bund seine Anteile verkaufen muss
Die Deutsche Regierung steht vor einer schwierigen Entscheidung: sollte sie ihre Anteile an der Commerzbank verkaufen oder nicht? Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, aber die Gründe, die für einen Verkauf sprechen, sind überzeugend. Die Staatsbeteiligung an der zweitgrößten deutschen Bank ist ein Überbleibsel aus der Finanzkrise 2008. Seitdem hat sich die Commerzbank jedoch erheblich verbessert und ist heute wieder profitabel. Der Staat sollte sich aus dem Unternehmen zurückziehen, um die Eigenverantwortung der Bank zu stärken und den Wettbewerb im Bankensektor zu fördern.
Bund will Beteiligung an Commerzbank reduzieren
Die Bundesregierung plant, einen größeren Teil ihres Aktienpakets an der zweitgrößten deutschen Bank, der Commerzbank, zu verkaufen. Ein begrenzter erster Schritt zur Veräußerung der Aktien werde in Kürze getan, hieß es im Bundesfinanzministerium.
Die Commerzbank-Papiere gaben am Mittwoch rund zwei Prozent nach und gehörten damit zu den größten Verlierern im Dax. An dem Geldhaus gebe es aber reges Interesse, sagte Vize-Chefin Bettina Orlopp am Mittwoch beim Handelsblatt Banken-Gipfel in Frankfurt.
Staat will Anteil von 16,49 Prozent reduzieren
Der Bund will seinen Anteil von 16,49 Prozent schrittweise reduzieren, hatte das Ministerium am Dienstagabend mitgeteilt. Als erster Schritt sei der Verkauf von drei bis fünf Prozent der Aktien geplant, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg und berief sich auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Der Staat hatte der Commerzbank in der Finanzkrise 2008 und 2009 unter die Arme gegriffen und sie mit Kapitalhilfen von insgesamt 18,2 Milliarden Euro gerettet. Davon sind bisher gut 13 Milliarden Euro zurückgezahlt worden. Das verbliebene Aktienpaket ist, unterstellt man den Schlusskurs der Commerzbank-Aktien am Dienstagabend von 13,09 Euro, rund 2,6 Milliarden Euro wert.
Rettung der Commerzbank für den Bund zu einem Verlustgeschäft
Insgesamt dürfte die Rettung der Commerzbank für den Bund damit zu einem Verlustgeschäft werden. Staat will Beteiligung an Commerzbank reduzieren
Das Frankfurter Kreditinstitut hat sich aber aus den roten Zahlen befreit und im vergangenen Jahr mit 2,2 Milliarden Euro den höchsten Gewinn seit 15 Jahren ausgewiesen. Der Bund sieht den Zeitpunkt für eine Veräußerung seiner Anteile daher jetzt für gekommen.
Zukunft der Commerzbank
Zudem sind künftig keine großen Kurzssprünge mehr zu erwarten, weil die Europäische Zentralbank (EZB) eine Zinswende eingeleitet hat. Die Commerzbank sei wieder ein stabiles und ertragsstarkes Institut, sagte Florian Toncar (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär und Vorsitzender des zuständigen interministeriellen Lenkungsausschusses, Daher ist es geboten, dass sich der Bund von den Anteilen des erfolgreich stabilisierten Instituts sukzessive wieder trennt.
Verkauf von Aktien
Der Aktienverkauf wird von der Finanzagentur des Bundes abgewickelt. Im Rahmen der Vorgaben des Bundes ist sie frei über Zeitpunkte und Wege der Platzierung von Aktien am Markt zu entscheiden. Dabei soll eine Investmentbank sie begleiten.
Die Erlöse fließen in den Finanzmarktstabilisierungsfonds des Bundes, der in der Finanzkrise gegründet worden war, um Krisenbanken zu stützen. Er weist ein Defizit von rund 22 Milliarden Euro aus, der durch die Einnahmen aus dem Aktienverkauf reduziert wird.
Die Privatisierungserlöse werden damit nicht haushaltswirksam sein und können nicht für Investitionen des Bundes herangezogen werden.
Käufer in Sicht
Die Bundesregierung hat als Käufer so genannte Anker-Investoren im Blick. Mit einer Komplett-Übernahme der Commerzbank wird aber allgemein nicht gerechnet. Die Bank könne nach der gelungenen Sanierungsphase auch gut eigenständig bleiben, so die Einschätzung.
Ein Einstieg von außereuropäischen Investoren etwa aus China, Russland oder arabischen Staaten, der möglicherweise problematisch sein könnte, wird für unwahrscheinlich gehalten und würde durch die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) genau geprüft.
Die Übernahme der Commerzbank durch die Deutsche Bank werde unter ihm kein Thema werden, sagte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing am Mittwoch. Deutsche Bank und Commerzbank hatten schon einmal über einen Zusammenschluss verhandelt. Entsprechende Gespräche scheiterten 2019.
Die Aktien würden entweder in Blöcken oder nach dem so genannten Dribble-Out-Verfahren platziert, hieß es. Dabei werden Aktien zu günstigen Zeitpunkten nacheinander an den Markt gebracht. Private Anleger seien nicht die Adressaten. Sie könnten auf den üblichen Wegen Commerzbank-Aktien erwerben.
Expertenstimmen
Auch wenn kurz- bis mittelfristig die Verkaufspläne wie ein Deckel auf der Aktie wirken dürften, langfristig ist es sicherlich zu begrüßen, wenn die Bank wieder losgelöst von staatlichen Zwängen agieren und wachsen kann, sagte Stratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.
Mit der Rettung der Commerzbank sei vor 16 Jahren ein Dominoeffekt mit unvorhersehbaren gesamtwirtschaftlichen Folgen verhindert worden, sagte Finanzagentur-Chefin Eva Grunwald. Die wirtschaftliche Situation der Bank habe sich seit 2021 stetig verbessert. Auf diese erfreuliche Entwicklung reagiert der Bund folgerichtig mit der Verringerung seines Anteils an der Commerzbank und dem Beginn des Ausstiegs.
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