Santiago de Compostela: Kritik an Massentourismus

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Santiago de Compostela: Kritik an Massentourismus

Die Stadt Santiago de Compostela, ein bedeutendes Pilgerziel in Nordspanien, steht aktuell im Fokus der Kritik. Der Massentourismus hat in den letzten Jahren rapide zugenommen und bringt die Stadt an ihre Grenzen. Die Einheimischen beklagen sich über die Überfüllung der Straßen, die Lärmbelästigung und die Zerstörung des historischen Stadtbildes. Viele sehen in dem unkontrollierten Tourismus eine Bedrohung für die kulturelle Identität und die Nachhaltigkeit der Stadt. In diesem Artikel wollen wir näher auf die Auswirkungen des Massentourismus auf Santiago de Compostela eingehen und Möglichkeiten für eine nachhaltigere Entwicklung der Stadt diskutieren.

Santiago de Compostela: Kritik am Massentourismus

Die Bilder gleichen sich Tag für Tag. In den Altstadtgassen zur Kathedrale hin stauen sich Pilger und Touristen, herrscht zu mancher Zeit kaum ein Durchkommen. Dort beobachtet Anwohner Roberto Almuina auch das, was eigentlich verboten ist. Stadtführer nutzen für ihre Erklärungen Lautsprecher, eine akustische Verschmutzung, die anderen gegenüber rücksichtslos ist.

Almuina (73) ist Vorsitzender der etwa 600 Mitglieder starken Anwohner-Vereinigung der Altstadt von Santiago de Compostela. Er stellt klar: „Wir haben nicht das geringste Problem, unsere Stadt mit Gästen zu teilen. Das Einzige, was wir verlangen, ist Respekt.“ Doch eben dieser Respekt tritt häufig in den Hintergrund.

Massentourismus in Santiago de Compostela

Massentourismus in Santiago de Compostela

Die Anwohner sind zunehmend genervt, vor allem in der jetzigen Hochsaison im Sommer. Derzeit treffen pro Tag etwa 1.500 Pilger zu Fuß und per Fahrrad ein, dazu weitere Touristen und Tagesausflügler. Sie reisen in Bussen oder auf Kreuzfahrtschiffen an und haben in Santiago de Compostela Landgang.

Videos in den Sozialen Medien zeigen Pilgergruppen - „Horden“ nach dem Wortlaut manch verärgerter Anwohner, so die spanische Zeitung „ABC“ -, die singend und grölend in Santiago de Compostela einziehen. „Das muss aufhören“, hört man in einem Video eine Frau aus dem Hintergrund sagen.

Roberto Almuina prangert manche Zustände als „unerträglich“ und „aus den Fugen geraten“ an. Obgleich seine Stimme ruhig und besonnen klingt, spricht er Klartext: „Gruppen von 40 Personen in sechs Meter breiten Altstadtgassen, das ist nicht gerne gesehen.“

Ein weiterer Dorn im Auge sind ihm Radpilger, die sich irgendwie den Weg durch den historischen Kern bahnen, als sei das Ganze ein Radsportwettbewerb, so Almuina. Woran er sich ebenfalls stößt, sind die Ankömmlinge auf dem weiten Kathedralvorplatz, der Praza do Obradoiro, die sich mit Proviant zur Rast einfinden und reichlich Müll hinterlassen.

„Das ist doch keine Picknickzone oder kein Strand am Mittelmeer. Das erscheint mir nicht mehr normal. Das mache ich doch selber nicht, wenn ich in einer fremden Stadt bin.“

Statt Protesten sucht die Anwohner-Vereinigung den Dialog mit den lokalen Autoritäten, findet aber oft kein Gehör. Almuina greift eine Idee auf, die es schon einmal gab: Informationsstellen an den strategisch relevanten Eingängen der Stadt einzurichten.

Solche Häuschen seien einfach aufzubauen und würden keine großen Kosten verursachen, so Almuina. Dort könnten seiner Vorstellung nach Pilger auch über Verhaltensregeln in Kenntnis gesetzt werden.

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Kampagne für gutes Benehmen Solche Regeln gibt es zwar durch die städtische Kampagne „Fragiles Santiago“, aber auf einer Tafel nahe dem Südportal der Kathedrale gehen sie im Trubel unter.

Strategisch sinnvoll ist der Ort ohnehin nicht: Diejenigen, die bereits angekommen sind, lesen nun, die Ankunft in Santiago „nicht mit zu viel Krach“ zu zelebrieren und auf den Einsatz des Wanderstabs zu verzichten. Damit soll Lärm vermieden und das Pflaster nicht beschädigt werden.

Surreale Randnotiz bei der in drei Sprachen abgefassten Tafel, von der Almuina ohnehin nichts hält: Auf Spanisch und Galicisch wird angemahnt, auf die Bevölkerung Rücksicht zu nehmen, während in der Übersetzung auf Englisch eben dieser Hinweis fehlt.

In Santiago de Compostela gibt es keinen Konsens, wie man dem sogenannten Overtourism und seinen Auswirkungen Herr werden könnte. Alleine aus Gründen der Kosten für die Müllbeseitigung befürwortet Roberto Almuina zumindest eine Abgabe für Tagesausflügler. Jakobspilger hingegen sollten keine Eintrittsgebühr in die Stadt entrichten.

Der Massentourismus die Stadt wohl auch künftig beschäftigen: Die Pilgerzahlen deuten nach dem letztjährigen Rekordjahr, als 446.077 Ankömmlinge in Santiago de Compostela ihr Diplom erhielten, auf eine abermalige Steigerung hin. Bis Mitte Juli registrierte das Pilgerbüro knapp 250.000 Jakobspilger, 15 Prozent mehr als zum selben Zeitpunkt im Vorjahr.

Uwe Köhler

Ich bin Uwe, Redakteur bei Real Raw News, einer digitalen Generalistenzeitung mit Schwerpunkt auf nationalen Nachrichten in Deutschland. Bei uns findest du Artikel zu Themen wie Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuellen Nachrichten. Als Teil des Teams von Real Raw News ist es meine Leidenschaft, fundierte und relevante Inhalte für unsere Leser zu erstellen und sie stets über die neuesten Entwicklungen in Deutschland informiert zu halten.

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