Welche Freude erlebt Autorin Judith Hermann beim Lesen
In der Welt der Literatur gibt es nur wenige Autoren, die es schaffen, ihre Leser so tief zu bewegen wie Judith Hermann. Die deutsche Schriftstellerin hat sich mit ihren Werken wie Sommerhaus, später oder Nichts als Gespenster einen Namen gemacht und die Herzen vieler Leser erobert. Doch was wissen wir über die Freude am Lesen, die diese erfolgreiche Autorin selbst empfindet? In einem exklusiven Interview gibt Judith Hermann Einblick in ihre persönlichen Leseerfahrungen und teilt mit uns, was sie beim Lesen so sehr bewegt. Lesen Sie weiter, um mehr über die leidenschaftliche Leserin Judith Hermann zu erfahren.
Lesen ist für mich wie das Eintauchen in eine Parallelwelt
„Es ist schon paradox, nicht über das Schreiben, sondern das Lesen zu sprechen“, stellt die preisgekrönte Schriftstellerin Judith Hermann fest. Als erste Gast in der neuen Reihe „Autoren lesen Autoren“ des Heine Hauses nahm sie die Einladung gerne an, um einmal nicht über ihre eigenen Werke zu sprechen, sondern von ihrer Leseleidenschaft zu erzählen.
Die Leidenschaft begann früh. Der Vater hatte ihr noch vor der Einschulung lesen beigebracht. Klein-Judith war fortan praktisch nicht mehr ohne Buch unterwegs. „Ich habe überall gelesen, sogar heimlich unter der Schulbank“, erinnert sich die 45-jährige und ergänzt: „Lesen war für mich wie das Eintauchen in eine Parallelwelt“.
Ihre Vorliebe für Romane. So gern sie in der Königsdisziplin der kurzen Erzählungen schreibt, am liebsten liest Judith Hermann Romane. Dabei macht sich die Berlinerin nicht so gern selbst auf die Suche nach Lesestoff, vielmehr wartet sie, bis der sie findet. Beispielsweise beim Durchstöbern von öffentlichen Bücherschränken, die „einen guten Querschnitt über die Lesegewohnheiten der Menschen bieten“, wie sie findet.
Kein Gefühl der Leere. Jeder Bücherfreund kennt den Moment, wenn sich die Lektüre der letzten Seite nähert und man eigentlich gar nicht möchte, dass es vorbei ist. Um den „Abstand zwischen zwei Büchern“ zu überbrücken, liest sie gleich nach der letzten Seite des einen, mindestens die erste Seite des folgenden Romans. So entstehe kein Gefühl der Leere.
Der Lesestoff hängt vom Schreibprozess ab. Was und wie sie liest, hänge davon ab, in welcher Phase des Schreibens sie sich gerade befände. Dabei unterscheidet die Autorin den Lesestoff, den sie wählt, bevor sie ein Buch beginnt, während sie schreibt und wenn sie gerade fertig geworden ist. Für ihre Romane recherchiert sie nur wenig, deshalb konzentriert sich Hermann bei ihrer Lektürewahl vor allem auf Belletristik.
Ein besonderer Roman. Doch Obacht, während sie schreibt, vermeidet sie Bücher von Autoren mit einem ausgeprägten sprachlichen Stil. Zu sehr würde sie das beeinflussen. Deshalb greift sie in der Regel zu Klassikern. Judith Hermann erinnert sich noch genau an den Moment, als sich ihre Haltung beim Lesen veränderte.
Ein besonderer Gast. An diesem Abend im Heine Haus ging es, während unablässig der Regen auf das Glasdach prasselte, jedoch nicht allein um das Lesen an sich. Judith Hermann verriet auch, welcher Roman sie in den vergangenen Wochen begleitet hat: „Radetzkymarsch“ von Joseph Roth. Nach einigen eher enttäuschenden Romanen habe sie sich dieses Buch nach 15 Jahren noch einmal vorgenommen, und es hat sie wieder emotional genauso mitgerissen wie beim ersten Mal.
Zum Abschluss. Zum Abschluss las die Autorin noch eine Passage daraus und trug als kleine Zugabe ein Gedicht vor. Die lernt sie gern auswendig für den Fall, dass sie mal ohne ein Buch unterwegs sein sollte. Infos Terminen zur Reihe „Autoren lesen Autoren“ unter www.heinehaus.de.
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