EU-Streit um Einfluss: Amtselbst durch die Macht

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EU-Streit um Einfluss: Amtselbst durch die Macht

Der Streit um Einfluss innerhalb der Europäischen Union eskaliert. Die Frage, wer am Ende die Macht in der EU ausübt, spaltet die Mitgliedstaaten. Während einige Staaten fordern, dass die Kommissionspräsidentin mehr Einfluss auf die politischen Entscheidungen haben sollte, warnen andere vor einer Zentralisierung der Macht. Die nationalen Regierungen fürchten, dass ihre Souveränität untergraben wird, wenn die EU-Kommission zu viel Macht erhält. Der Konflikt zwischen den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission spitzt sich zu. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in den kommenden Wochen entwickeln wird.

Die Machtfrage: von der Leyen streitet um ihre Position in der EU

Es war ihre Erfindung, die EU fit für fünfundfünfzig zu machen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen labelte so die Selbstverpflichtung der Europäer, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber den Werten von 1990 runterzufahren. Nun wünscht sie sich in eigener Sache, das neue Parlament möge auch fit für fünfundfünfzig sein - dieses Mal bezogen auf den Anteil der Abgeordneten, die ihr eine zweite Amtszeit an der Spitze der Kommission verschaffen.

Stattdessen ist aus der EVP zu hören, die Chancen dafür seien derzeit nicht besser als fünfzig zu fünfzig. So dürfte denn von der Leyen geneigt sein, nachts nicht eher einzuschlafen, bis sie bis 361 gezählt hat. So viele Stimmen braucht sie in zwei Wochen bei der entscheidenden Abstimmung in Straßburg. Die Teilnahme am Nato-Gipfel in Washington hat sie schon abgesagt. Stimmengewinnen ist nächste Woche wichtiger.

Das Gratwanderen zwischen Macht und Einfluss

Das Gratwanderen zwischen Macht und Einfluss

Das hat mit den verschobenen Machtverhältnissen zu tun. Da ist keine verlässliche Mehrheit mehr. Zwar verfügen die Christdemokraten von der EVP-Fraktion, die Sozialdemokraten von der S&D-Fraktion und die Liberalen von der Renew-Fraktion inzwischen über 401 Stimmen. Bei einem Zwischencheck waren davon aber rund 60 nicht hinter von der Leyen auszumachen.

Konservative misstrauen von der Leyen wegen ihrer Grünausrichtung, Sozialdemokraten sind verschnupft über das Offenhalten eines Wechsels beim Parlamentsvorsitz zur Halbzeit. Somit rückt die Frage in den Mittelpunkt, ob die Grünen zu gewinnen sind. Konstruktiv seien erste Gespräche über eine Kooperation gelaufen, verlautet aus Grünen-Kreisen. Aber auch, dass man nicht gewillt sei, über jedes Stöckchen zu springen, das EVP-Chef Manfred Weber vor den Grünen hochhält.

Die Alternative: Giorgia Meloni und die rechtspopulistische Regierungschefin

Teile der EVP blinzeln gleichzeitig in eine andere Richtung: Italiens rechtspopulistische Regierungschefin Giorgia Meloni, zugleich Anführerin der europaweiten EKR, hat sich im Rat beim offiziellen Vorschlag von der Leyens als Kandidatin für die Kommissionspräsidentschaft demonstrativ enthalten. Sie rechnet also damit, dass ihre im Parlament gewachsene Stärke sich in einflussreichen Posten niederschlägt. Ein Vizepräsident in der Kommission und mindestens einer im Parlament sollen es schon sein.

Nachdem die polnische PiS sich erneut Melonis EKR angeschlossen hat (und mit fraktionsintern mehr Einfluss belohnt wurde), kann Meloni melden, die Liberalen der Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann als drittstärkste Kraft in Brüssel verdrängt zu haben. Und mit von der Leyen versteht sie sich gut.

Die rechte Alternative: Viktor Orbán und die Patrioten für Europa

Ungarns rechtspopulistischer Regierungschef Viktor Orbán nahm zwischenzeitlich sogar das Verdrängen der Sozialdemokraten als zweitstärkste Kraft des Parlamentes in den Blick, als er die überraschende Bildung einer neuen Fraktion seiner Fidesz-Abgeordneten mit denen der österreichischen FPÖ und der tschechischen Ano bekannt gab, gedacht bewusst als Träger für weitere Parteien vom rechten Rand.

Zusammen mit der ID von Frankreichs Rechtspopulistin Marine Le Pen, der EKR von Meloni und mehreren Dutzend bislang fraktionslosen Rechtspopulisten kann das bei Orbáns Patrioten für Europa rechnerisch klappen. Tatsächlich signalisierten bereits die Politiker der italienischen Lega und der portugiesischen Chega ihr Interesse.

Jede der drei nationalen Stars beantwortet diese Frage anders, und zwischen dem Pro-Ukraine-Kurs Melonis und dem Pro-Putin-Kurs Orbáns liegen Welten. Le Pen will erst entscheiden, wenn die Frankreich-Wahl entschieden ist.

Das Grundsatzproblem bleibt

Gewinnt von der Leyen öffentlich die Unterstützung Melonis, verliert sie die der Sozialdemokraten und Grünen. Und wenn es am 18. Juli ab 14 Uhr im ersten Anlauf nicht klappt, gibt es keinen zweiten, dann ist von der Leyen gescheitert und Geschichte, bekommt die Atemnot im Kampf um die Macht eine neue Dimension.

Heike Becker

Ich bin Heike, Journalistin bei Real Raw News, einer digitalen Generalistenzeitung mit Fokus auf nationalen Nachrichten in Deutschland. Bei uns dreht sich alles um Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuelle Nachrichten. Meine Leidenschaft gilt dem Schreiben und der Berichterstattung über relevante Themen, die unsere Leserinnen und Leser interessieren. Mit fundierten Recherchen und einem kritischen Blick auf aktuelle Geschehnisse möchte ich dazu beitragen, dass unsere Leserschaft stets bestens informiert ist und sich eine fundierte Meinung bilden kann.

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