Grönemeyer in Bochum: vor dem letzten Konzert

Index

Herbert Grönemeyer feiert den 40. Geburtstag seines Albums 4630 Bochum mit einem unvergesslichen Konzert

Das Konzert dauert bereits 173 Minuten, als Herbert Grönemeyer zum zweiten Mal Bochum singt. Wobei er genau genommen nur den Vers Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt in die Nacht ruft, den Rest erledigt das Publikum.

Die Leute nehmen dem 68-Jährigen sein Lied ab und geben es ihm körperwarm zurück: Ah, Glück auf! Sie machen's dem Sänger schön, sie sorgen für ihn, und Grönemeyer lässt sich fallen ins heimelige Wohlgefühl, er steht mit offenem Mund da: Der selten heimkehrende Lieblingssohn ist wieder zu Hause. Jede Geste eine Umarmung.

Ein Konzert wie ein Heimkehrer

Ein Konzert wie ein Heimkehrer

Herbert Grönemeyer spielt im Vonovia Ruhrstadion, es ist das erste von vier Bochumer Konzerten vor insgesamt 100.000 Fans. Er feiert den 40. Geburtstag seines Albums 4630 Bochum. Vor neun Jahren trat er zuletzt in dieser Stadt auf, und Grönemeyer in Bochum, das ist ein bisschen, als würde Bruce Springsteen in Asbury Park in New Jersey ein Konzert geben, die Beatles an der Abbey Road oder Pink Floyd auf der Dark Side Of The Moon.

Grönemeyer läuft gleich zu Beginn hochtourig über den weit ins Publikum ragenden Steg. Er bestürmt die Menge geradezu - ausgebreitete Arme und Bauch voran: Los, Bochum!, Sing Bochum!. Und er führt sie gemeinsam mit seiner 13-köpfigen Band am Faden seiner Songs zurück durch die Zeit.

Ein Zeitreise durch vier Jahrzehnte Bundesrepublik

Ein Zeitreise durch vier Jahrzehnte Bundesrepublik

Er spielt Sekundenglück, Kopf hoch, tanzen, Mensch, Musik nur, wenn sie laut ist und Vollmond. Es ist wie beim gemeinsamen Durchblättern eines Albums mit alten Fotos: jedes Lied eine Momentaufnahme aus vier Jahrzehnten Bundesrepublik.

Der Sound in der schwierig zu beschallenden Arena stört zunächst enorm, man versteht die Texte kaum. Wie bei einer Zoom-Konferenz, bei der der Hauptredner eine schlechte Internetverbindung hat: Von Was soll das ragen nur die Fragmente Doppelkinn und Fetten hin aus dem Klangbrei. Zum Glück bekommt das Ton-Team die Probleme bald in den Griff.

Das Album 4630 Bochum - ein Meisterwerk

Das Album 4630 Bochum - ein Meisterwerk

Nach etwa einer Stunde zeigen die drei mächtigen LED-Wände hinter der Bühne eine Industrielandschaft. Der legendäre Schriftzug 4630 Bochum leuchtet auf. Das 3,4 Millionen Mal verkaufte Album ist der Grund, warum fast jeder, der älter ist als 50, die alte Postleitzahl von Bochum kennt, obwohl man vielleicht nie einen Brief dahin geschickt hat.

Das Album sei zwar ein Meisterwerk, sagt Grönemeyer mit dieser Grönemeyer-Selbstironie, aber es seien auch Schrottlieder drauf. Mit Erwischt habe er nie was anfangen können, und vor Fangfragen sagt er: Jetzt kommt ein Lied, das muss ganz schnell weg.

Ein Konzert voller Emotionen

Die Leute halten Schals des VfL in die Höhe, dessen Stadionhymne der Mann da vorne spendiert hat. Sie singen jedes Lied mit. Sie verzeihen, dass Grönemeyer bei Flugzeuge der Text der letzten Strophe irgendwie nicht einfällt, und als das Album zu Ende ist, singen sie Oh, wie ist das schön. Männer schaffen Pappträger heran, darin: ein Meter Fiege-Pils. Frauen werden von Männern umarmt. Man lebt hier im Lied.

Grönemeyer sagt: Es ist etwas Besonderes, bei solch einem Anlass zu Hause zu spielen. Und zugleich sei es merkwürdig, denn man sehe das eigene Leben vorbeirauschen.

Zugaben und Abschied

Grönemeyer-Konzerte bestehen zu einem Drittel aus Zugaben. Dieses Nicht-Weggehen-Wollen ist ein Zeichen des Wohlbefindens, der Geborgenheit. Man teilt einfach zu viele Erlebnisse miteinander, man geht schon so lange gemeinsam durchs Leben: Weißt du noch? Erinnerst Du Dich?

Grönemeyer bringt Kinder an die Macht, er malt in Der Weg die Nacht an, er drückt Bleibt alles anders ins Rund. Er kiekst und gluckst, ruft höh! und hah!. Und natürlich singt er Currywurst.

Er sagt, es gebe fast 30 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Sie seien nicht wegzudenken, wir im Ruhrgebiet wissen das. Er sagt: Auch nach der Europawahl bleiben wir stabil, weil wir Demokraten und Humanisten sind.

Und als er die Zeile singt, es ist so schön, dass es uns gibt, bekommt er Szenenapplaus.

Ein Konzert, das bleibt

Es gibt drei Grönemeyers: neben dem Einmischer auch den Partymacher und Schwärmer. Und der Schwärmer sorgt für besonders schöne Momente. Am besten ist er, wenn er eine Person direkt ansingt, mit Vollkontakt ins Du geht und die Zunge nicht mehr zügelt.

Kurz vor Schluss also noch einmal Bochum. Als er vor langer Zeit hier aufgetreten sei, habe man sein Konzert als Skandal bezeichnet, obwohl er gut drauf gewesen sei, erzählt er. Der Vorwurf lautete: Er habe nur einmal Bochum gespielt. Geht natürlich nicht, da war Schicht im Schacht. Und heute? Singen die Leute sein Lied, und er steht da und ist gerührt.

Es sind die einzigartigen Momente / Das ist, was man Drei-Stunden-Glück nennt.

Uwe Köhler

Ich bin Uwe, Redakteur bei Real Raw News, einer digitalen Generalistenzeitung mit Schwerpunkt auf nationalen Nachrichten in Deutschland. Bei uns findest du Artikel zu Themen wie Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuellen Nachrichten. Als Teil des Teams von Real Raw News ist es meine Leidenschaft, fundierte und relevante Inhalte für unsere Leser zu erstellen und sie stets über die neuesten Entwicklungen in Deutschland informiert zu halten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Go up