Vorteile und Realitätsferne des Gleitzeitmodells an Schulen

Vorteile und Realitätsferne des Gleitzeitmodells an Schulen

Die Einführung des Gleitzeitmodells an Schulen stößt auf eine gemischte Resonanz. Einerseits bieten Vorteile wie flexiblere Arbeitszeiten für Lehrerinnen und Lehrer die Möglichkeit, besser auf individuelle Bedürfnisse einzugehen. Andererseits wird die Realitätsferne des Modells kritisiert, da es die strikten Zeitvorgaben des Schulbetriebs in Frage stellt. Lehrkräfte müssen nun ihren Unterrichtsplan entsprechend anpassen und Schülerinnen und Schüler könnten durch unregelmäßige Stundenpläne verwirrt werden. Trotz dieser Herausforderungen wird das Gleitzeitmodell als Chance gesehen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Lehrkräfte zufriedener zu machen. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Modell in der Praxis bewähren wird.

# Flexibler Schulstart: Neue Regelung am Gymnasium Plochingen sorgt für Furore

Im Morgengrauen aus dem Bett quälen, um pünktlich zu Beginn der ersten Stunde im Klassenzimmer zu sitzen: Für Generationen von Schülerinnen und Schüler in Deutschland war und ist das immer noch der ganz normale Alltag. In der Regel startet der Schulunterricht gegen 8 Uhr in der Früh. Wach und konzentriert sind um diese Zeit allerdings nur die wenigsten jungen Menschen. Eine Schule in Baden-Württemberg macht jetzt möglich, wovon wohl Millionen Morgenmuffel in der Mittel- und Oberstufe träumen: An zwei Tagen in der Woche gilt am Gymnasium Plochingen ab sofort eine Gleitzeit-Regelung. Die Schüler können also selbst entscheiden, ob sie schon um 7.50 Uhr oder lieber erst um 9.40 Uhr mit dem Unterricht starten möchten. Das Prinzip: Die ganze Klasse bekommt dieselben Aufgaben gestellt. Wer sich für den frühen Schulstart entscheidet, kann sie mit Unterstützung einer Lehrkraft in der Schule erledigen. Wer lieber ausschlafen möchte, muss die Aufgaben zu einem anderen Zeitpunkt selbst bearbeiten. Diese Regelung soll zunächst in einem sechswöchigen Modellversuch erprobt und im Anschluss auch von den Schülerinnen und Schülern evaluiert werden. Danach wird entschieden, ob der flexible Schulstart dauerhaft eingeführt werden kann. Der Modellversuch sorgt in den Medien für Furore, neu ist das Gleitzeit-Experiment allerdings nicht. Bereits 2016 hatte ein Gymnasium im nordrhein-westfälischen Alsdorf einen ähnlichen Versuch gestartet. Mit positivem Ergebnis. Die Möglichkeit, die Uhrzeit des Schulbeginns selbst zu bestimmen, wurde von den Schülern rege genutzt. Diejenigen, die später mit dem Unterricht starteten, gaben an, sich wacher und entspannter zu fühlen. Deshalb entschied sich die Schule, den flexiblen Schulstart nach Ablauf der Probephase beizubehalten.

Schlafforscher plädieren für spätere Schulbeginnzeiten: Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Fokus

Für Eltern mag es naheliegend sein, den Nachwuchs abends einfach früher ins Bett schicken. Was bei Kindern funktionieren kann, ist bei Jugendlichen allerdings nicht die Lösung. Denn in der Pubertät verändert sich ihr Biorhythmus. Das führt dazu, dass vor allem junge Menschen im Alter von 14 bis 17 Jahren oft nicht vor 23 Uhr einschlafen können oder wollen. Wenn dann um kurz nach sechs der Wecker klingelt, sind sie noch mitten in der Tiefschlafphase. Kein Wunder also, dass einige von ihnen gereizt reagieren, wenn Mutter oder Vater sie morgens zur Eile antreiben. Dabei könnte schon eine kleine Verschiebung des Unterrichtsbeginns einen großen Unterschied machen. Würde die Schule morgens nur 20 Minuten später starten, wären Schüler Forschenden der Universität Basel zufolge deutlich ausgeschlafener und fitter. Ein flexibler Schulstart käme nicht nur ihren schulischen Leistungen, sondern sicherlich auch dem Familienfrieden zugute. Und wer doch lieber in der ersten Stunde mit dem Lernen beginnen möchte, kann das schließlich auch weiterhin tun.

Gleitzeitmodell an Schulen: Chancen und Herausforderungen für Schüler und Lehrer

Theoretisch spräche also vieles für die flächendeckende Einführung eines Gleitzeitmodells. In der Praxis gibt es allerdings einige Hürden. Da wäre zunächst der in vielen Bundesländern herrschende Lehrermangel. An NRW-Schulen beispielsweise haben fehlendes Personal und hohe Krankenstände dazu beigetragen, dass im ersten Halbjahr des laufenden Schuljahres 4,7 Prozent aller Unterrichtsstunden ersatzlos ausgefallen sind. Unter diesen Bedingungen ist schon die Durchführung des regulären Unterrichts eine Herausforderung für die verbliebenen Lehrkräfte. Die Organisation eines flexiblen Schulstarts würde personelle Ressourcen binden, über die ein Großteil der Schulen in Deutschland derzeit nicht verfügt. Hinzu kommt, dass weder die durchschnittlichen Bürozeiten berufstätiger Menschen noch die Fahrpläne des öffentlichen Nahverkehrs zu einem späteren Schulbeginn passen. Für Eltern, die pünktlich um acht im Büro sein und ihre Kinder vorher zur Schule fahren müssen, kann es zu einer logistischen Herausforderung werden, wenn der Unterricht erst um neun beginnt. Das dürfte angesichts des massiven Unterrichtsausfalls zwar mitunter schon jetzt der Fall sein. Den Familienalltag komplett auf einen späteren Schulstart auszurichten, ist jedoch noch einmal deutlich komplizierter, als eine Regelung für den Ausnahmefall zu finden. Mehr Schlaf und bessere Zensuren – den Schülerinnen und Schülern wäre es zu wünschen, dass das Gleitzeitmodell in Deutschland Schule macht. Realistisch erscheint das angesichts des damit verbundenen Organisationsaufwands für Schulen und Eltern aber vorerst nicht.

Heike Becker

Ich bin Heike, Journalistin bei Real Raw News, einer digitalen Generalistenzeitung mit Fokus auf nationalen Nachrichten in Deutschland. Bei uns dreht sich alles um Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuelle Nachrichten. Meine Leidenschaft gilt dem Schreiben und der Berichterstattung über relevante Themen, die unsere Leserinnen und Leser interessieren. Mit fundierten Recherchen und einem kritischen Blick auf aktuelle Geschehnisse möchte ich dazu beitragen, dass unsere Leserschaft stets bestens informiert ist und sich eine fundierte Meinung bilden kann.

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