Wermelskirchen: Eine junge Frau mit Chronischem Fatigue Syndrom
Pia Funke lächelt, obwohl sie seit vier Jahren unter dem Chronischen Fatigue Syndrom (ME/CFS) leidet. Die 19-Jährige hat sich gemütlich am Esstisch hingesetzt, eine Wolldecke um die Beine geschlungen und eine Wärmflasche in Griffweite. Draußen ist es Sommer, aber Pia erklärt, dass ihr Temperaturempfinden gestört ist.
Ein Leben mit ME/CFS: Eine Geschichte der Hoffnung
Pia ist sehr offen über ihre Krankheit und möchte, dass die Menschen mehr über ME/CFS erfahren. Sie weiß, dass die Krankheit viel zu wenig bekannt ist, weil sie nicht auf den ersten Blick erkennbar ist.
„Das sind die guten Tage“, sagt Pia. „Und für diese Tage bezahle ich mit vielen schlechten Tagen. Aber die sieht eben niemand“, erklärt sie. Denn dann ist das Licht ausgeschaltet, die Türe geschlossen. Und Pia liegt im Bett und kann sich kaum bewegen.
Die Suche nach Antworten bei der Chronischen Erschöpfungssyndrom
Die Geschichte beginnt im August 2020. Pia hat sich eine Sommererkältung eingefangen. Schnupfen, ein bisschen Halsschmerzen. Aber statt sich zu erholen und die lästigen Erkältungssymptome loszuwerden, verschlechtert sich ihr Zustand. Plötzlich hat sie ein Schlafbedürfnis von 18 Stunden.
Im April 2021 hat sie nicht mehr genug Kraft, um zur Schule zu gehen. Extreme Kopfschmerzen, rapider Gewichtsverlust, überhaupt kein Appetit: „Da war mir klar, dass irgendwas nicht stimmt.“
Fakten über ME/CFS
In Deutschland leiden etwa 250.000 Menschen unter ME/CFS, darunter 40.000 Kinder und Jugendliche. Experten gehen davon aus, dass sich die Zahl der Erkrankten durch Covid-19 verdoppelt hat. Ein Viertel aller Patienten kann das Haus nicht mehr verlassen, viele sind bettlägerig und auf Pflege angewiesen. Über 60 Prozent sind arbeitsunfähig.
„Es gibt wahrscheinlich keine Krankheit, die in Relation so häufig, schwerwiegend und dabei so unerforscht ist wie ME/CFS“, heißt es bei der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS.
Die Diagnose und die Behandlung
Die Diagnose wird endlich in einer Fachklinik in München gestellt. Im Oktober 2021 – ein Jahr nach den ersten Symptomen. Pia lernt „Pacing“ kennen: Patienten beginnen abzuwägen, lernen ihre Belastungsgrenzen kennen und auch die Konsequenzen.
„Ich bezahle für jede kleinste Anstrengung“, erklärt Pia. Ein Spaziergang zieht meist mehrere Tage absoluter Erschöpfung nach sich – im Bett, im dunklen Zimmer. Ein Treffen mit Freunden hat seinen Preis. Jeder Arzttermin stiehlt wertvolle Energie.
Ein Blick in die Zukunft
Heute verlässt Pia alle fünf bis sechs Wochen das Haus, meistens im Rollstuhl. Ein Ausflug in die Süßwarenabteilung im Supermarkt gehört zu ihren Highlights. Ihre Mutter unterstützt jeden Schritt im Alltag.
„Das alte Leben ist keine Option mehr“, sagt Pia. „Das weiß mein Körper, und das weiß mein Geist.“ Sie sei immer schon ein positiver Mensch gewesen. Pragmatisch. Mit einer starken Resilienz.
„Das war für uns alle ein Lernprozess“, sagt ihre Mutter Eva Essel. Und dann ergänzt sie: „Aber wir geben hier die Hoffnung nicht auf. Und wir vertrauen darauf, dass wir eine Lösung finden. Immer.“
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