Antisemitismus: Europäische Zukunft der Juden nur unter Polizeischutz sicher?

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Antisemitismus: Europäische Zukunft der Juden nur unter Polizeischutz sicher?

Die jüngsten Ereignisse in Europa haben eine beunruhigende Entwicklung offenbart: Antisemitismus ist auf dem Vormarsch. In vielen Ländern Europas müssen Juden heute um ihre Sicherheit fürchten. Die Frage, die sich stellt, ist: Ist die Zukunft der Juden in Europa nur unter Polizeischutz noch sicher? Die Angriffe auf jüdische Einrichtungen und Personen haben in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Jüdische Gemeinden fühlen sich bedroht, und viele Juden überlegen, Europa zu verlassen. Es ist Zeit, dass die europäischen Regierungen gegen den Antisemitismus vorgehen und die Sicherheit der jüdischen Bevölkerung garantieren.

Europäische Zukunft der Juden nur unter Polizeischutz sicher?

Mitten im Mai, mitten in der Hauptstadt der EU: Der deutsche Botschafter lädt anlässlich eines Friedenskonzertes des Bundesjugendchores in Brüssel zum Empfang ins Jüdische Museum im Innenstadtviertel Sablon. Vor dem Eingang stehen mehrere Polizisten, die Finger am Abzug der Maschinenpistole.

Kurz darauf befasst sich die Bayerische Vertretung unmittelbar neben dem Europaparlament mit der Situation der Juden in der EU. Gewöhnlich haben weder Parlament noch Bayern-Vertretung gesonderten Schutz nötig. Doch dieses Mal stehen noch mehr Polizisten vor dem Eingang als zuvor am Museum, die Finger jederzeit am Abzug der Maschinenpistole.

„Gibt es eine jüdische Zukunft in Europa?“ Die provokant gestellte Frage für das hochkarätig besetzte Podium hat bereits eine unbequeme optische Antwort: Offenbar nur unter massivem Polizeischutz.

Wie groß die Bedrohungen inzwischen sind, wird an den Forderungen des Bürgermeisters von Antwerpen, der belgischen Stadt mit der größten jüdischen Gemeinde Europas, deutlich: Er verlangt den Einsatz der Armee zum Schutz jüdischer Einrichtungen in seiner Stadt.

Der menschenverachtende Hamas-Überfall vom 7. Oktober auf israelische Zivilisten hat wie ein Katalysator für Judenhass gewirkt. Er hat das Gefühl getriggert, dass Juden in Israel doch nicht so stark sind - und wohl auch in Europa nicht.

Europa begegnet Judenfeindlichkeit: Polizei schützt Museumsbesucher

Europa begegnet Judenfeindlichkeit: Polizei schützt Museumsbesucher

Allein in den ersten drei Wochen stieg in den jüdisch geprägten Straßen Antwerpens die Zahl antisemitischer Vorfälle auf das Fünffache eines „normalen“ Monats.

Wie der Alltag für ganz normale Juden in Europa aussieht, schildert die Beauftragte der EU-Kommission zur Koordination des Kampfes gegen Antisemitismus, Katharina von Schnurbein. Jüdische Menschen versteckten vor dem Gang auf die Straße ihren Davidstern unterm Pulli, nähmen ihren Namen vom Klingelschild, bestellten ein Taxi unter falschem Namen. „Im Europa des Jahres 2024 ist das inakzeptabel“, ruft die EU-Koordinatorin.

Pinchas Goldschmidt, Oberrabbiner und Vorsitzender der Europäischen Rabbinerkonferenz, bestätigt beides und fügt einen Befund hinzu: „Nach dem 7. Oktober wurde an vielen Orten und Institutionen Europas Antisemitismus salonfähig.“ Nun gelte es, neue Rote Linien zu ziehen, lautet sein Appell an die Verantwortlichen in Politik, Wissenschaft und Gesellschaft.

Jüdisches Leben in Europa: Sicherheitsbedenken und politische Reaktionen

Sicherheitsexperte Peter Neumann, Professor am King’s College in London, lenkt den Blick auf weitere Akteure im Hintergrund. Auf Russland und China, die den Antisemitismus als Mittel und Werkzeug entdeckt hätten, Europa zu spalten.

Von Schnurbein und ihr bayerischer Amtskollege Ludwig Spaenle unterstreichen und ergänzen das. Der Münchner Koordinator spricht von „Radikalisierung durch Digitalisierung“. Nie zuvor seien seit dem 7. Oktober so viele Europäer über die Sozialen Medien mit antisemitischen Inhalten in Kontakt gekommen.

Zudem träfen sich im Augenblick rechtsextremistischer, linksextremistischer und islamistischer Antisemitismus. „Das ist sehr gefährlich“, warnt der CSU-Politiker.

Antisemitismus in Europa: Polizei schützt Judenmuseum in Brüssel

Sieht die jüdische Zukunft in Europa also düster aus? Vor hundert Jahren gab es noch zehn Millionen Juden in Europa, heute sind es noch 1,5 Millionen. Dagegen ist die Zahl der Muslime in Europa auf geschätzt 50 Millionen gestiegen - und sie wächst weiter.

Besonders hoch ist ihr Anteil in Belgien und Frankreich, wo besonders viele junge Muslime wohnen und wo die Zahl der antisemitischen Vorfälle seit dem 7. Oktober geradezu explodiert ist.

In den Gesprächen im Europaviertel dreht sich vieles um die anhaltenden Kämpfe im Gaza-Streifen, um das Einrücken israelischer Streitkräfte in Rafah.

Derweil wirke der Krieg weiter als Mittel zur Radikalisierung palästinensischer Jugendlicher und mit ihnen sympathisierender Araber - auch in Europa.

Ob aber ein Ende der Militäroperationen die antisemitische Welle stoppen kann? Goldschmidt hat bereits in Aachen öffentlich unterstrichen, dass auch er Probleme mit der aktuellen israelischen Regierung und ihren rechtsextremen Ministern habe, dass auch ihn die Bilder aus dem Gazastreifen nicht kalt ließen.

Aber die von vielen Israelkritikern gezogene Trennlinie zum Antisemitismus ist für ihn in den meisten Fälle unglaubwürdig. Antizionismus sei nur ein Euphemismus für Antisemitismus. Hinter der Kritik am jüdischen Staat stehe zu oft Hass auf alles Jüdische.

Kernpunkte im Manifest 2024 europäisches jüdisches Leben

Kernpunkte im jüngst von der Rabbinerkonferenz beschlossenen “Manifest 2024 europäisches jüdisches Leben“ sind unter anderem die Forderung nach einer Gesetzgebung, die jüdische Bräuche, wie das Schächten und die Beschneidung, besser schützt, das Bemühen um verstärkten interreligiösen Dialog und das entschiedenere Vorgehen gegen Hassreden.

Die Koordinatoren in Brüssel und Deutschland richten ihre Hoffnungen auf Schwerpunkte im Unterricht, die sich stärker mit Holocaust und jüdischem Leben befassen.

Und Sicherheitsexperte Neumann fasst den Stand der Debatte mit Blick auf eine jüdische Zukunft in Europa zusammen in dem Satz: „Wir müssen mehr mit Juden reden und ihnen mehr zuhören.“

Uwe Köhler

Ich bin Uwe, Redakteur bei Real Raw News, einer digitalen Generalistenzeitung mit Schwerpunkt auf nationalen Nachrichten in Deutschland. Bei uns findest du Artikel zu Themen wie Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuellen Nachrichten. Als Teil des Teams von Real Raw News ist es meine Leidenschaft, fundierte und relevante Inhalte für unsere Leser zu erstellen und sie stets über die neuesten Entwicklungen in Deutschland informiert zu halten.

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