Einblick in den familienorientierten Strafvollzug, wenn ein Elternteil im Gefängnis ist

Einblick in den familienorientierten Strafvollzug, wenn ein Elternteil im Gefängnis ist

Die aktuellen Entwicklungen im Strafvollzug rücken vermehrt die Bedeutung der Familie in den Fokus. Insbesondere, wenn ein Elternteil im Gefängnis sitzt, stellt sich die Frage nach einem familienorientierten Ansatz. Dieser gewährt nicht nur dem Inhaftierten, sondern auch den Kindern die Möglichkeit, die Bindung zueinander aufrechtzuerhalten. Der Strafvollzug sollte daher Maßnahmen ergreifen, um die Familienbeziehungen zu stärken und die Auswirkungen der Inhaftierung auf die Kindesentwicklung zu minimieren. Ein solcher Ansatz erfordert eine ganzheitliche Sichtweise und die Einbeziehung verschiedener sozialer Akteure, um eine angemessene Betreuung und Unterstützung zu gewährleisten.

Einblick in den familienorientierten Strafvollzug: Besondere Bedingungen für den Kontakt zwischen Eltern und Kindern

Schlimm ist es, wenn er seine beiden kleinen Kinder nicht sehen kann, sagt der Gefangene in der Justizvollzugsanstalt in Willich. Ein Mann Ende 40, was ihn hierhergebracht hat und für wie viele Jahre, das will er nicht sagen. Aber er sagt: Seine Kleinen seien glücklich, wenn sie hier bei ihm sein dürften. „Hier kann ich zwei Stunden rumtoben mit den Kindern“, vorlesen, spielen, „dann vermissen sie mich nicht so.“ Er kriegt etwas von ihrem Alltag mit: „Meine Tochter erzählt vom Kindergarten, meine Frau vom Einkaufen. Das ist sehr wichtig.“ Er glaubt, dass das für seine Kinder ebenso wertvoll ist wie für ihn: „Dass der Kontakt nicht abbricht. Das Gefühl zu mir – Papa – ist noch da.“

Familiensensible Justizvollzugsanstalten in NRW: Kinder im Fokus der Resozialisierung

Dass seine Kinder sich beim Besuch im Gefängnis wohlfühlen können, liegt an besonderen Bedingungen. Im Besuchsraum dominieren warme Farben und kindgerechte Deko, es gibt Sofas, einen Kindertisch mit Spielen und Büchern in der einen, ein Schaukelpferd in der anderen Ecke. Ein Maskottchen, dessen Abbild auf den Fluren zum Besuchsraum von den Wänden winkt mit Botschaften wie „Hallo Kinder“, „Schön, dass du da bist“, und „Hier geht es lang“. Oder ein Fotobuch, das kindgerecht erklärt, was es mit dem Gefängnis auf sich hat.

Familienbesuche im Gefängnis: Wie Kinder von der Inhaftierung betroffener Eltern profitieren

Kinder Schätzungen zufolge sind in der EU fast eine Million Kinder von der Inhaftierung eines Elternteils betroffen, in ganz Deutschland sind es 100.000 und in NRW etwa 20.000. Die Gefängnisse in Willich sind zwei von sechs Justizvollzugsanstalten in NRW, die systematisch Modelle und Angebote für den „familiensensiblen Vollzug“ erproben. In NRW gibt es 36 Justizvollzugsanstalten mit etwa 18.900 Haftplätzen, davon rund 17.600 für Männer, rund 1.300 für Frauen.

Die Projekte, die in den Schwerpunkt-Anstalten ausgetestet werden, sind sehr unterschiedlich. Das Wichtigste sind wohl die kindgerecht gestalteten Räume. Pädagogische Mütter- und Väter-Coachings werden, wie sich gezeigt hat, sehr gern angenommen – aber nur unter dem richtigen Titel. Ein als Testballon gestartetes Projekt „Väter nähen Teddybären“ hielten die Initiatorinnen eigentlich für allzu experimentell. Es löste aber bei den Inhaftierten so viel Begeisterung aus, dass es inzwischen zu einem dauerhaften Angebot gemacht wurde.

Sie glaubt, dass positive Erfahrungen dabei helfen können, dass bei den Kindern selbst keine Ängste, Ressentiments oder Vorurteile gegen Polizei und Justiz entstehen. Immerhin hätten viele erst einmal nur die schlimme Erfahrung gemacht, dass ihnen Mutter oder Vater weggenommen wurde. Wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, können Eltern und Kinder einander praktisch wöchentlich sehen. Zwei Stunden Besuch im Monat stehen allen Gefangenen ohnehin zu, dazu kommen zwei Stunden extra für den Familienkontakt und noch einmal drei Stunden, wenn Langzeitbesuche gewährt werden.

Statistiken zu dessen Auswirkungen auf beispielsweise Rückfallquoten, Scheidungsraten oder das Wohlbefinden ihrer Kinder gibt es nicht. In den Schwerpunkt-Einrichtungen beruft man sich auf Erfahrungswerte: Die Familien profitierten ganz deutlich, schilderte Anna Wojatschek, Justizvollzugsbeamtin und Besuchskoordinatorin im Frauengefängnis. „Man merkt es an den Kindern, die regelmäßig kommen. Die werden wieder sie selbst“, erzählte sie. „Die Angst wird von Besuch zu Besuch weniger. Irgendwann kommen sie von alleine auf mich zu, irgendwann kennt man die Namen. Sie können dann auch mal frech sein oder forsch, wie Kinder einfach sind. Sie fangen wieder an, Kind zu sein.“

Holger Peters

Ich bin Holger, Redakteur bei Real Raw News, einer digitalen Generalistenzeitung mit Schwerpunkt auf nationalen Nachrichten in Deutschland. Meine Leidenschaft gilt der Berichterstattung über Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuellen Nachrichten. Durch meine fundierten Recherchen und mein Gespür für relevante Themen trage ich dazu bei, unseren Lesern stets aktuelle und informative Inhalte zu präsentieren. Mein Ziel ist es, die Vielfalt und Tiefe der deutschen Nachrichtenlandschaft abzubilden und unseren Lesern einen umfassenden Überblick über das Geschehen im Land zu bieten.

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