- Hitler- und Mussolini-Insekten: Warum sind Tiere nach Diktatoren benannt?
- Die dunkle Seite der Taxonomie: Warum Tiere nach Diktatoren und Extremisten benannt sind
- Wie werden Tiere wissenschaftlich benannt?
- Kritisch gesehene Namen
- Wie groß ist das Problem?
- Was sagt die internationale Kommission für zoologische Nomenklatur dazu?
- Ist die Diskussion westlich geprägt?
- Gibt es eine andere Lösung?
Hitler- und Mussolini-Insekten: Warum sind Tiere nach Diktatoren benannt?
Es ist eine überraschende Entdeckung: Es gibt Insekten, die nach den bekanntesten Diktatoren der Weltgeschichte benannt sind. Hitler und Mussolini, zwei Namen, die mit Gewalt und Unterdrückung assoziiert werden, finden sich in der Taxonomie von Insekten wieder. Doch warum werden Tiere nach Menschen benannt, die für ihre Grausamkeit bekannt waren? Ist es ein Tribut an die Geschichte oder einfach nur ein Zufall? In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die fascinierende Welt der Insekten und ihre Beziehung zu den dunklen Figuren der Geschichte.
Die dunkle Seite der Taxonomie: Warum Tiere nach Diktatoren und Extremisten benannt sind
Ein Käfer, der nur fünf Millimeter groß ist und in Höhlen lebt, erregt die Gemüter. Der Grund ist sein wissenschaftlicher Name: Anophthalmus hitleri. Der braune, augenlose Käfer wurde nach Adolf Hitler benannt – und steht wegen seines Namens bei bestimmten Sammlern hoch im Kurs.
Ein anderer Stein des Anstoßes ist im Naturkundemuseum in Berlin ausgestellt: der Dinosaurier Dysalotosaurus lettowvorbecki, benannt nach Paul von Lettow-Vorbeck, der als Kommandeur der deutschen Kolonialarmee an Gräueltaten in Afrika beteiligt war. Beispiele wie diese gibt es einige.
Wie werden Tiere wissenschaftlich benannt?
Jedes Jahr werden weltweit tausende neue Tierarten beschrieben. Wie die Taxonominnen und Taxonomen dabei vorzugehen haben, ist in den internationalen Regeln für die zoologische Nomenklatur festgelegt. Inhaltliche Vorgaben macht die Nomenklatur dabei nicht, sagt der Zoologie-Professor Michael Ohl vom Museum für Naturkunde in Berlin.
Die Forschenden können die Namen frei wählen, sofern diese technisch korrekt gebildet werden. Diese gelten, sobald sie publiziert sind und können dann auch nicht mehr gestrichen werden.
Kritisch gesehene Namen
Am Beispiel des Hitler-Käfers und eines nach dem italienischen Diktator Benito Mussolini benannten Falters zeigt sich besonders deutlich, dass die Benennung nach Personen zum Problem werden kann. Was ist, wenn eine Politikerin in extremistische Kreise abdriftet oder ein Filmstar wegen sexueller Übergriffe vor Gericht steht?
Artnamen können nach Ansicht von manchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch diskriminierend oder rassistisch sein. Die Paläobiologin Emma Dunne von der Universität Erlangen-Nürnberg hat zusammen mit anderen Fachleuten die Namen aller bekannten – etwa 1500 – Dinosaurier untersucht.
Wie groß ist das Problem?
Etwa 20 Prozent der Tiernamen sind nach einer Schätzung der internationalen Kommission für zoologische Nomenklatur – dem Gremium, das die Regeln zur Benennung herausgibt – sogenannte Eponyme. Das sind Namen, die Personen ehren sollen.
Toponyme, also Ortsnamen, könnten ebenfalls als beleidigend empfunden werden. Sie machen etwa 10 Prozent der Namen aus. Somit könnten mehrere Hunderttausend akzeptierte wissenschaftliche Namen infrage gestellt werden, heißt es.
Was sagt die internationale Kommission für zoologische Nomenklatur dazu?
Die Kommission lehnt eine Umbenennung von Tieren aus ethischen Gründen ab. Wir verstehen natürlich, dass manche Namen Unbehagen oder Anstoß erregen können, sagt der Taxonomist Daniel Whitmore vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart, der Mitglied der Kommission ist.
Ist die Diskussion westlich geprägt?
Der Taxonomist Rohan Pethiyagoda aus Sri Lanka findet: Ja. Wenn Tierarten umbenannt werden würden, hätte das aus seiner Sicht zur Folge, dass Forschende wie er von ihrer eigentlichen Aufgabe abgelenkt würden, die biologische Vielfalt der Erde zu beschreiben.
Gibt es eine andere Lösung?
In einem Fall wie bei dem Hitler Käfer würde eine Umbenennung gar nicht viel ändern, meint Ohl. Denn der Name würde nicht komplett verschwinden. Oft haben Tiere mehrere wissenschaftliche Bezeichnungen, in einer Art Katalog werden diese deshalb alle unter dem aktuell gültigen Namen aufgelistet.
Wer den Hitler-Käfer wegen des Namens sammeln wolle, werde dies auch weiter tun, meint Ohl. Eine Möglichkeit, sich kritisch mit umstrittenen Tiernamen auseinanderzusetzen, wäre zum Beispiel, in Museen deren Geschichte zu thematisieren, um zum Nachdenken anzuregen.
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