Wahlresultate in Frankreich: Frexit durch die Hintertür?

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Wahlresultate in Frankreich: Frexit durch die Hintertür?

Die jüngsten Wahlen in Frankreich haben ein politisches Erdbeben ausgelöst. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Europäische Union vor einer neuen Herausforderung steht. Der Sieg der nationalistischen Kräfte in Frankreich wirft Fragen über die Zukunft der EU auf. Könnte es tatsächlich zu einem Frexit durch die Hintertür kommen? Die europäischen Führer stehen vor der Aufgabe, die Einheit der EU zu wahren. Doch die Ergebnisse der Wahlen in Frankreich lassen Zweifel aufkommen, ob dies noch möglich ist. In den kommenden Tagen und Wochen werden die Konsequenzen dieser Wahl klarer werden. Eine Sache ist jedoch sicher: die EU steht vor einer entscheidenden Prüfung.

Frankreich in der Krise: Marine Le Pen sucht Macht durch stillen Frexit

„Wir sind bereit“, sagte Marine Le Pen kurz nachdem Präsident Emmanuel Macron das Parlament aufgelöst und Neuwahlen angekündigt hatte. Die Frontfrau des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) wartet seit Jahren auf eine Machtübernahme, die mit einer absoluten Mehrheit in der neuen Nationalversammlung am Sonntag möglich wäre.

Ihre Pläne für einen solchen Fall variieren allerdings stark. So kündigte die ehemalige Präsidentschaftskandidatin 2017 einen Austritt aus der EU und dem Euro an. Fünf Jahre später war dann nur noch von einem „Europa der Nationen“, einem Bund souveräner Staaten, die Rede.

Das Programm des Rassemblement National

Das Programm des Rassemblement National

Der RN will die EU-Kommission zu einem Generalsekretariat des Europäischen Rates herabstufen und Kompetenzen wieder auf die nationale Ebene verlagern. Eine Art Frexit durch die Hintertür. Die dazu nötigen Änderungen der Verträge hoffen die Rechtspopulisten nach der Präsidentschaftswahl 2027 zusammen mit Verbündeten wie Ungarn oder der Slowakei durchzusetzen.

Bis dahin will Jordan Bardella, der im Falle eines RN-Sieges als Premierminister vorgesehen ist, in der Einwanderungspolitik einen harten Kurs fahren. Im Schengen-Raum will er wieder Grenzkontrollen einführen, von denen nur EU-Bürgerinnen und -Bürger ausgenommen sein sollen. „Wenn Sie in Italien ankommen und dort eine Aufenthaltserlaubnis haben, gibt Ihnen das nicht das Recht, in alle EU-Länder zu reisen“, sagte der 28-Jährige.

Einwanderungspolitik und Staatsbürgerschaft

Einwanderungspolitik und Staatsbürgerschaft

De facto würde das allerdings bedeuten, dass jeder an der Grenze seinen Pass vorzeigen muss. Um die Einwanderung zu bekämpfen, sieht das Programm des RN auch vor, in Frankreich geborenen Kindern nicht mehr automatisch die Staatsbürgerschaft zu geben. Das „Recht des Bodens“ ist seit 1889 in einem Dekret geregelt, dem der Verfassungsrat nach Ansicht von Experten Verfassungsrang geben könnte.

Auch Bardellas geplante Maßnahme, Menschen mit zwei Pässen von hohen staatlichen Funktionen auszuschließen, dürfte an rechtliche Grenzen stoßen. Denn sie widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz und könnte damit vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder dem Staatsrat landen.

Energiepolitik und Abhängigkeit von der EU

Energiepolitik und Abhängigkeit von der EU

Ein zweites großes Thema ist für Bardella die Energiepolitik. Im Falle einer Regierungsübernahme will er die Regeln des europäischen Strommarktes aufweichen, die er als „absurd“ kritisiert. In Deutschland geht deshalb schon die Angst um, dass Frankreich dem Nachbarland keinen Strom mehr verkaufen könnte.

Allerdings ist auch Frankreich in seiner Energieversorgung nicht autark: 2022 musste Strom von jenseits des Rheins gekauft werden, weil die französischen Atomkraftwerke wegen der Trockenheit nicht genügend Kühlwasser hatten oder wegen Wartungsarbeiten stillstanden.

Finanzielle Pläne des Rassemblement National

Um Geld in die Kasse zu bekommen, will der RN die französischen Beitragszahlungen an die EU um zwei Milliarden Euro kürzen. Andere teure Pläne wie die Streichung der Mehrwertsteuer für Produkte des Grundbedarfs stellte Bardella erst einmal zurück.

Außerdem käme der niedrigere Mehrwertsteuersatz das ohnehin schon hoch verschuldete Frankreich sehr teuer zu stehen: Auf 17 Milliarden Euro berechnet das Finanzministerium die Kosten.

Auswirkungen auf Deutschland und die EU

Auch bei anderen Projekten dürfte Bardella an europäische Grenzen stoßen. Das gilt vor allem für seine wichtigste Maßnahme zur Stärkung der Kaufkraft, eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Gas, Benzin und Strom von 20 auf 5,5 Prozent.

Solche Kürzungen sind nämlich nur vorübergehend und in Krisenzeiten erlaubt. Für eine komplette Reform des Mehrwertsteuersystems wäre wiederum die Zustimmung der anderen EU-Partner nötig.

Deutschland wird besonders hart von einer RN-Regierung getroffen. Le Pen hatte jahrelang gegen die „Unterwerfung“ unter den Nachbarn gewettert. Die gemeinsamen Rüstungsprojekte will sie im Falle eines Wahlsieges nicht weiter verfolgen.

Auch die Ministerräte und die Sitzungen der deutsch-französischen parlamentarischen Versammlung dürften wegfallen. Offen stellt Le Pen die Oberhoheit des Präsidenten in der Außen- und Verteidigungspolitik in Frage.

Die russische Regierung bekundete am Mittwoch offiziell ihre Unterstützung für den RN: „Das französische Volk will eine souveräne Außenpolitik, die nationalen Interessen dient und mit dem Diktat von Washington und Brüssel bricht“, schrieb das Außenministerium im Kurznachrichtendienst X.

Heike Becker

Ich bin Heike, Journalistin bei Real Raw News, einer digitalen Generalistenzeitung mit Fokus auf nationalen Nachrichten in Deutschland. Bei uns dreht sich alles um Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuelle Nachrichten. Meine Leidenschaft gilt dem Schreiben und der Berichterstattung über relevante Themen, die unsere Leserinnen und Leser interessieren. Mit fundierten Recherchen und einem kritischen Blick auf aktuelle Geschehnisse möchte ich dazu beitragen, dass unsere Leserschaft stets bestens informiert ist und sich eine fundierte Meinung bilden kann.

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