Kurioser Kulturkampf: Was bedeutet Söders Genderverbot für Schulen & Behörden?

Ein absurder Kulturkampf hat in Deutschland begonnen, als Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, ein Genderverbot in Schulen und Behörden einführte. Diese umstrittene Maßnahme hat zu hitzigen Diskussionen geführt und polarisiert die Gesellschaft. Söder argumentiert, dass das Verbot notwendig sei, um die Traditionalität und kulturelle Identität zu bewahren. Befürworter loben seine Entscheidung als Schutz vor ideologischer Einflussnahme, während Kritiker sie als Rückschritt im Sinne der Geschlechtergleichstellung betrachten. Die Auswirkungen dieses Verbots auf die Bildungseinrichtungen und öffentlichen Institutionen sind noch nicht absehbar, aber es wird erwartet, dass es zu weiteren Kontroversen führen wird.

Bayern setzt ein Zeichen: Genderverbot in Schulen und Behörden beschlossen

Kulturkampf um Gendersprache: Bayerns Entscheidung sorgt für Kontroversen

Streit um Sternchen und Doppelpunkt: Bayern verbietet Gendersprache in öffentlichen Einrichtungen

Es sind kleinste Zeichen, die seit geraumer Zeit größtmögliches Streitpotenzial entfalten: Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt im Schriftverkehr sind für die einen Ausdruck von „Gender-Wahn“, „Sprachverstümmelung“ und „woker Ideologie“. Für die anderen schlicht ein Signal der Sichtbarkeit, Sensibilität, der in Buchstaben gegossenen Gleichberechtigungsbemühung. Für beide Seiten gibt es triftige Argumente, keine Frage. Und so viel sei vorweggenommen: Auf keine der Seiten schlägt sich Bayern mit der viel beachteten Entscheidung zum „Genderverbot“.

Bayern verbietet Gendersprache in Schulen, Hochschulen und Behörden

Juristisch betrachtet ist es nicht einmal ein Verbot, das Ministerpräsident Markus Söder mit Unterstützung seines Landeskabinetts in Bayern nun durchgesetzt hat – auch wenn der CSU-Politiker das selbst gern so verbreitet. Im Grunde ist die Entscheidung lediglich die Ergänzung einer längst geltenden Dienstverordnung, noch dazu ohne furchterregende Konsequenzen. Zugestimmt hat der Ministerrat formal bloß einer Änderung der „Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern“ (AGO). Die AGO verpflichtet die staatlichen Behörden und damit auch die Schulen allerdings immer schon, die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung im dienstlichen Schriftverkehr anzuwenden. Und die lautet, so hat es der Rat für deutsche Rechtschreibung erst im Dezember bekräftigt: Sonderzeichen im Wortinneren stören die Verständlichkeit von Texten.

Bei dieser Klarstellung hätte man es belassen können, eine kurze Pressemitteilung versenden, das Thema den Ämtern, Schulen und Universitäten übergeben, auf die entsprechende Umsetzung vertrauen können. Doch die Genderdebatte ist längst zum Kulturkampf mutiert, in der sich zwei Seiten stets zu offensiver Positionierung genötigt sehen: Die Gleichberechtigungskämpfer gegen die Sprachverfechter, die Liberalen gegen die Konservativen, links gegen rechts. „Sprache muss klar und verständlich sein“, sagt Bayerns Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU). Das Verbot von gendergerechter Sprache sei Bevormundung, sagt die Bundesschülerkonferenz.

Dass die Fronten derart verhärtet sind, ist weder der Sprache noch der Gleichberechtigung in Deutschland zuträglich. Es ist auch eine Frage der Lesart solcher politisch inszenierter Verordnungen. So soll es in Bayern künftig zwar keine Schulbücher geben, in denen Genderzeichen verwendet werden – in Schulaufgaben und Klassenarbeiten verboten sind sie aber nicht. Schülerinnen und Schülern würden dafür keine Fehlerpunkte gegeben, betont der CSU-Politiker Herrmann. Auch an Hochschulen gilt die Verordnung in erster Linie für den Verwaltungsapparat – nicht für den Bereich Forschung und Lehre. Es gehe mit dem Verbot auch darum, die „Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft offenzuhalten“, erklärt Herrmann und klingt dabei erstaunlich nah am Sound der Gegenseite. Die muss durchaus anerkennen, dass die missionarische Aufforderung, gendergerecht zu sprechen und schreiben, eher spalten als nutzen kann. Und für Minderheiten wie Legastheniker und Zugewanderte schlicht eine zusätzliche Lese-Hürde darstellt. Die eine, richtige Art zu gendern gibt es nicht – jedenfalls noch nicht.

Das ist ein weiterer Punkt der neuen Verordnung Bayerns, die im Übrigen nicht so weit geht wie andere Bundesländer: Sachsen, Sachsen-Anhalt und auch Schleswig-Holstein untersagen etwa geschlechtergerechte Sprache an Schulen explizit, bei entsprechenden Texten gibt es Punktabzug in Hausaufgaben und Prüfungen. In Saarland und Bremen hingegen ist es in der Schule erlaubt, ein Sonderzeichen im Wortinneren zu verwenden. Hier wurde einheitlich festgelegt, dass dafür der Doppelpunkt verwendet werden kann. In Bayern gilt trotz der neuen Verordnung die Grundhaltung, Formulierungen zu finden, die möglichst viele einbeziehen.

Nicht zuletzt stehen dafür auch Landesgleichstellungsgesetze, in NRW heißt es darin etwa unter Paragraf 4 „Sprache“: „Gesetze und andere Rechtsvorschriften tragen sprachlich der Gleichstellung von Frauen und Männern Rechnung. In der internen wie externen dienstlichen Kommunikation ist die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern zu beachten. In Vordrucken sind geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen zu verwenden. Sofern diese nicht gefunden werden können, sind die weibliche und die männliche Sprachform zu verwenden.“

Ganz frei Haltung, Gesinnung oder Ideologie kann die Behördensprache der Bundesrepublik ohnehin nie gewesen sein, das suggeriert schon Artikel drei des Grundgesetzes. In welcher Form Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes vermieden werden kann, wird im Laufe der Zeit immer neu verhandelt werden müssen. Nicht immer wird es gleich eine Lösung geben, wie die Debatte am Beispiel Bayern beweist. Fernab von diesen Richtlinien gibt es für den sonstigen Sprachgebrauch keine Vorgaben, auch das muss bei aller Erregung stets hervorgehoben werden. Ob auf dem Schulhof, im Lehrerzimmer, auf dem Heimweg – jeder und jedem ist es selbst überlassen, zu gendern. Seit dem jüngsten Signal aus Bayern vielleicht: jetzt erst recht.

Dirk Werner

Als Redaktionsleiter von Real Raw News habe ich eine umfangreiche Erfahrung im Journalismus gesammelt. Mit einem starken Fokus auf nationale Nachrichten in Deutschland decke ich als digitaler Generalist Themen wie Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuelle Ereignisse ab. Mein Ziel ist es, unseren Lesern stets fundierte und relevante Informationen zu liefern und sie mit spannenden Geschichten zu begeistern. Mit meiner langjährigen Expertise in der Branche stehe ich für eine professionelle und qualitativ hochwertige Berichterstattung.

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