Dame Judi Dench hält Warnhinweise auf der Bühne für überflüssig

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Dame Judi Dench hält Warnhinweise auf der Bühne für überflüssig

Die berühmte britische Schauspielerin Dame Judi Dench hat in einem Interview offenbart, dass sie Warnhinweise auf der Bühne für überflüssig hält. Laut der 87-jährigen Theaterlegende sind solche Hinweise eine Bevormundung des Publikums und nehmen dem Theater seine Magie und Spannung weg. Die zweifache Oscar-Preisträgerin äußerte sich während einer Theaterproduktion in London, bei der sie die Rolle der Königin spielte. Denchs Aussage sorgt für Kontroversen in der Theaterwelt und wirft Fragen über die Rolle der Kunst und die Verantwortung des Künstlers auf.

Kunst ohne Vorwarnung: Judi Dench kritisiert Warnhinweise auf der Bühne

Es begann mit Warnungen in Theatern, wenn Flackerlicht zum Einsatz kommt. Bei Epileptikern kann das Anfälle auslösen. Natürlich ist es sinnvoll, Zuschauer auf den Einsatz solcher Mittel hinzuweisen, um schlimme gesundheitliche Folgen zu vermeiden.

Doch inzwischen soll es in britischen Theatern auch Warnungen vor Vorstellungsbeginn geben, wenn „verstörende Inhalte“ gezeigt werden, Szenen mit Vergewaltigungen etwa, mit anderen Formen von Gewalt oder lauten Geräuschen.

Judi Dench spricht sich gegen Warnhinweise auf der Bühne aus

Judi Dench spricht sich gegen Warnhinweise auf der Bühne aus

Zumindest wurde die Oscarpreisträgerin Judi Dench (89) in einem Interview mit dem britischen Magazin „Radio Times“ darauf angesprochen und hat solche Warnungen kritisiert. Leute, die sehr empfindlich seien, sollten besser nicht ins Theater gehen, meinte sie.

Und konnte sich den Hinweis nicht verkneifen, dass bei Werken wie „König Lear“ oder „Titus Andronicus“ von Shakespeare sehr lange Warnhinweise verlesen werden müssten.

Theater muss schockieren und verunsichern dürfen

Auch Schauspiel-Kollege Ralph Fiennes hat sich schon gegen Trigger-Warnungen vor Theateraufführungen ausgesprochen. Theater müsse schockieren und verunsichern dürfen. Nur Effekte, die zu direkten körperlichen Beschwerden führen könnten wie das Stroboskoplicht, sollten angekündigt werden.

In Großbritannien geht das Warnwesen noch weiter. In manchen Museen, etwa der Tate Modern in London, gibt es Hinweise vor Sälen, in denen Bilder nackter Körper zu sehen sind. Dazu das Angebot, sich von Museumsangestellten Routen durch das Haus empfehlen zu lassen, auf denen man keine Akte zu Gesicht bekommt.

Die Spannung zwischen Kunstfreiheit und erhöhter Sensibilität

Es geht also um die Spannung zwischen Kunstfreiheit und erhöhter Sensibilität. Es geht um die Angst vor psychischen Verletzungen durch verstörende Inhalte oder um Rücksicht auf religiöse Verbote oder Schamgefühle wegen des Anblicks nackter Körper. Und es geht darum, wer die Sorge dafür trägt, dass es zu solchen Verletzungen nicht kommt.

Sollen Empfindsame sich informieren und wegbleiben oder müssen sie gewarnt werden? Ab wann? Und wer entscheidet das?

Die Wahrnehmung von Kunst wird verändert

Natürlich kann man argumentieren, dass eine Warntafel im Museum oder ein Hinweis vor einem Theaterstück niemandem wehtun. Warum sich also empören, wenn solche Warnungen empfindlichen Menschen die Möglichkeit bieten, einen Inhalt lieber nicht wahrzunehmen? Und sich so zu schützen.

Doch ganz so simpel ist es nicht. Denn natürlich verändert es die Wahrnehmung von Kunst, wenn angekündigt wird, dass womöglich drastische Szenen zu sehen sein werden. Das verändert nicht nur die Wirkung dieser Szenen, es zwingt Zuschauer auch in eine seltsame Erwartungshaltung. Na, wann kommt die Szene, und wie schlimm wird es wohl?

Die Kunst wird verdächtigt

Warnungen vorweg zu schicken, macht den Sonderfall zu Regel. Und erklärt Theater oder Kunst zumindest latent zu etwas Gefährlichem, das dem Betrachter potenziell schadet. Kunst wird verdächtigt.

Zudem ist bemerkenswert, wie die Sensibilität gegenüber Verletzungspotenzial in der Sprache oder in der Kunst, also im Nahbereich des Kultivierten, gewachsen ist. Das erscheint wie ein Reflex auf die Zunahme an Aggressionen und Gewalt in der Welt jenseits der Kunst.

Gegen verbrecherische Kriege, aggressive Stimmungen in der Gesellschaft gibt es wenig Schutz. Solche Entwicklungen verstärken ein Gefühl der Ohnmacht. Womöglich ist das ein Grund dafür, Schutz und gesteigerte Rücksichtnahme auf überschaubarem Gebiet umso dringlicher einzufordern. Nämlich da, wo man es kann: im Theater, im Museum.

Die falsche Zimperlichkeit

Für manche hat das sicher ein utopisches Moment. Sie fühlen sich auf der guten Seite, wenn sie andere vor schmerzlichen Triggern bewahren wollen. Doch aus Rücksichtnahme kann falsche Zimperlichkeit werden, die den Kunstbegriff schleichend verändert. Und einengt. Und die vorgibt, es gäbe eine objektive Grenze, ab der Inhalte „verstörend“ empfunden werden müssten.

Das Skandal, die Empörung über Kunst, gehören zur Kunst dazu. Wenn eine Theatermacherin oder ein Theatermacher zu weit gehen, reagiert das Publikum. Dann knallen Türen. Was ist obszön, was ist pornografisch, was dokumentiert oder kritisiert Gewalt, was stellt sie nur aus oder verherrlicht sie sogar? Das sind Fragen, die Kunst selbst zur Diskussion stellt.

Und es sollte auch ihr Recht bleiben, das überraschend zu tun, mit drastischen Mitteln, mit Mitteln, die den Zuschauern auf die Pelle rücken, an die Nieren gehen, ihnen zusetzen. Wer ins Theater oder Museum geht, sollte darauf gefasst sein. Nichts ist schlimmer als Kunst, die nur ja nicht anecken will.

Dirk Werner

Als Redaktionsleiter von Real Raw News habe ich eine umfangreiche Erfahrung im Journalismus gesammelt. Mit einem starken Fokus auf nationale Nachrichten in Deutschland decke ich als digitaler Generalist Themen wie Kultur, Wirtschaft, Sport und aktuelle Ereignisse ab. Mein Ziel ist es, unseren Lesern stets fundierte und relevante Informationen zu liefern und sie mit spannenden Geschichten zu begeistern. Mit meiner langjährigen Expertise in der Branche stehe ich für eine professionelle und qualitativ hochwertige Berichterstattung.

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